12.04.2017
Fast zwei Millionen Menschen sind hierzulande süchtig nach Schmerzmitteln, Beruhigungstabletten & Co. Damit rangiert die Tablettensucht in Deutschland sogar noch vor der Alkoholabhängigkeit, unter der 1,77 Millionen Menschen leiden. Das geht aus dem aktuellen „Jahrbuch Sucht 2017“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hervor.
4 bis 5 Prozent aller in Deutschland verordneten Medikamente haben ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Dazu gehören vor allem Schlaf- und Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine und der Benzodiazepinrezeptor-Agonisten. In den vergangenen Jahren sind die gesetzlichen Verordnungen dieser Medikamente zwar zurückgegangen, der Anteil der privat verordneten Mittel hat allerdings zugenommen. Problematisch sei, dass Privatrezepte letztlich eine kritische Arzneimittelversorgung verschleiern, weil sie an keiner Stelle systematisch erfasst und ausgewertet werden. Die insgesamt abgegebenen Benzodiazepine reichen laut DHS aus, um etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Abhängige zu versorgen. Die Gesamtzahl der Arzneimittelabhängigen wird auf bis zu 1,9 Millionen geschätzt. Betroffen von diesen Verordnungen sind vor allem Menschen über 65 Jahre und davon zwei Drittel Frauen.
Intransparent ist dem DSH zufolge auch die Schmerzmittelversorgung in Deutschland: So werden rund 150 Millionen Packungen unterschiedlichster Schmerzmittel verkauft, davon allerdings etwa 70 Prozent ohne Rezept direkt in den Apotheken. Oftmals gehören zu den Kunden auch Patienten, die bereits von ihren Ärzten Schmerzmittel verordnet bekommen haben. Der DSH fordert daher eine bessere Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern, um den problematischen Konsum von Schmerzmitteln zu begrenzen.
DHS/NK