18.09.2015
„Mir ist schlecht – aber warum denn nur?“ Eine stundenlange Reise im schwankenden Bus. Die letzte Portion Muscheln im Restaurant, das ein oder andere Gläschen zu viel am letzten Abend oder ein lästiger Infekt. Es gibt viele Gründe, warum man sich nicht wohl fühlt.
Eine schweißnasse Stirn, ein flaues Gefühl, eine langsam aufkeimende Übelkeit — und fast automatisch legt man beruhigend eine Hand auf den Bauch. Doch daher kommt die Übelkeit gar nicht. Die Schaltzentrale dafür sitzt in unserem Gehirn, genauer gesagt im sogenannten Brechzentrum. Das Brechzentrum befindet sich im Hirnstamm und empfängt Signale vieler verschiedener Stellen. Die Großhirnrinde sendet Empfindungen, zum Beispiel Angst oder Ekel. Nerven leiten Informationen des Magen-Darm-Trakts weiter, und das Kleinhirn meldet Störungen im Gleichgewichtsempfinden.
Auch das Gleichgewichtsorgan im Ohr leitet direkt Informationen an das Brechzentrum weiter. All dies können Auslöser für Übelkeit und Erbrechen sein. Verschiedene Botenstoffe wie Histamin, Serotonin und Dopamin aktivieren das Brechzentrum. Es nimmt die Signale wahr, verarbeitet die Informationen und erstellt einen Reaktionsplan, das heißt, es löst Erbrechen aus.
Flaues Gefühl auf der Reise
Eine der häufigsten Ursachen für Übelkeit, die Reisekrankheit, kennt fast jeder. Der Fachbegriff dafür, Kinetose, leitet sich vom griechischen Wort „kinein“ für „bewegen“ ab. Und genau das erklärt, warum vielen Menschen auf Reisen schlecht wird. Die Bewegung auf einer kurvenreichen Fahrt, in einem schaukelnden Bus oder einem Flugzeug bringt den Gleichgewichtssinn völlig durcheinander. Die Informationsverarbeitung zwischen dem Gleichgewichtsorgan im Ohr und der Großhirnrinde arbeitet fehlerhaft und stimuliert dadurch das Brechzentrum.
Die Folge: Schwindelgefühle und Übelkeit bis hin zu Erbrechen. Einen akuten Magen-Darm-Infekt lösen meistens Viren aus. Zu den bekanntesten Vertretern zählen die Noroviren, die vor allem im Herbst und Winter auftreten, aber immer wieder auch auf Kreuzfahrtschiffen zuschlagen. Erbrechen und Durchfall erfüllen hier eine wichtige Schutzfunktion für den Körper: Sie befördern damit die Schädlinge hinaus, und die Genesung beginnt. Hält das allerdings länger als zwei Tage an, läuft der Körper Gefahr, zu viel Flüssigkeit und lebenswichtige Mineralstoffe zu verlieren.
Auch verschiedene Substanzen können den Körper schädigen und für Übelkeit sorgen. Dazu zählen Alkohol und Medikamente, aber auch bakterielle Gifte, zum Beispiel durch verdorbenes Essen. Sie reizen die Sinneszellen, die sogenannten Chemorezeptoren, in der Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts und damit das Brechzentrum. In der Folge müssen Betroffene sich übergeben. Auch dies erfüllt seinen Zweck, da es die schädigenden Substanzen aus dem Körper befördert.
Hilfe aus der Apotheke
Gut, dass es gegen Übelkeit und Erbrechen Hilfe aus der Apotheke gibt. Sie bietet sich vorbeugend, aber auch zur akuten Behandlung an. Hierzu zählen Kapseln, Dragees oder Reisekaugummis mit dem Wirkstoff Dimenhydrinat oder Diphenhydramin. Pharmazeutisch gesehen dämpfen die Arzneien die Aktivität des Brechzentrums und unterbinden die Informationsübermittlung der Übelkeit an das Gehirn. Eine etablierte Hilfe bietet auch Ingwer – etwa als Tropfen, Kapseln oder Tee. Einige schwören auf spezielle Akupressurbändchen für das Handgelenk. Zu den rezeptpflichtigen Medikamenten zählen Pflaster mit den Wirkstoffen Scopolamin oder Flunarizin. Zudem bieten sich homöopathische Mittel mit Cocculus D6 oder Nux vomica D6 an.
Wichtig: Die verloren gegangene Flüssigkeit muss man ersetzen. Besonders gut eignen sich Elektrolytlösungen aus der Apotheke-Granulat, das man selbst mit Wasser anmischt. Diese Lösungen enthalten auch mengenmäßig die richtige Kombination von Mineralstoffen und Spurenelementen, die der Körper durch das Erbrechen verliert.
Magenmuskel lahm: Völlegefühl
Oft geht die Übelkeit mit einem unangenehmen Völlegefühl einher. Es erinnert an Steine im Bauch: Schwer und unverdaulich scheint die Nahrung im Magen zu liegen. Hinzu kommen meist unangenehme und schmerzhafte Blähungen sowie das Gefühl eines überfüllten und aufgeblähten Leibes.
Diese Beschwerden können entstehen, wenn die Magenbewegung gestört ist und träge Magenmuskeln den zügigen Weitertransport des Speisebreis verhindern. Im Normalfall transportieren Wellen und Knetbewegungen der Magenmuskel den Speisebrei rasch weiter. Ein Schließmuskel im unteren Teil des Magens befördert die verdaute Nahrung durch den Eingang schubweise zum Darm. Arbeiten die Magenmuskeln nicht im Takt, geht dieser Prozess viel langsamer vonstatten. Völlegefühl und Blähungen machen sich breit, da die Nahrung zu lange im Magen verweilt.
Mitunter entstehen durch chemische Abbauprozesse Gase, die den Mageninhalt aufblähen und aufdehnen. Der träge Magen kann sich dabei oft nicht genug ausdehnen, um Platz für das Gemisch aus Nahrungsbrei und Gasen zu schaffen. Da der Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre überwiegend geschlossen bleibt, entweichen die Gase nicht ausreichend nach oben. Es entstehen ein unangenehmes Druck und Völlegefühl sowie Blähungen in Magen und Darm. Das reizt die Magennerven, was oft zu Schmerzen führt. Gegen leichte Beschwerden helfen Bettruhe, Tees mit Anis, Fenchel, Kamille, Kümmel, Pfefferminze oder Schafgarbenkraut und eine Wärmflasche. Auch Präparate, die einen Extrakt aus der Bitteren Schleifenblume enthalten, haben sich bei vielen Bauchweh-Geplagten bewährt.
Entschäumer lindern Blähbauch
Bei einem lästigen Blähbauch kommen die synthetischen Entschäumer Simeticon und Dimeticon erfolgreich zum Einsatz. Diese Präparate sorgen wieder für Ruhe. Bewährt bei Krämpfen hat sich der Wirkstoff Butylscopolamin. Oft findet er sich in Kombination mit dem Schmerzmittel Paracetamol. Gehen Sie unbedingt zum Arzt, wenn Sie plötzlich unter heftigen Bauchschmerzen leiden, sie anhalten oder sie sich sogar rasch verstärken.
Peter Erik Felzer