Wetterfühligkeit ist keine Einbildung, aber auch keine Krankheit, obwohl sie sich durchaus so anfühlen kann. Häufig äußert sie sich in Unwohlsein und Müdigkeit oder durch Kopf- und Gelenkschmerzen, Schlaf und Konzentrationsstörungen bis hin zu Atemnot. Im Extremfall können sogar Bewusstlosigkeit oder Herzinfarkt durch Wetterveränderungen ausgelöst werden.
Der menschliche Organismus reagiert auf das Wetter, zum Beispiel um seine "Betriebstemperatur" anzupassen. "Durch das Verwerten der Nahrung, Bewegung und Organfunktionen erzeugt der Körper etwa ein Grad Celsius Abwärme, die wir loswerden müssen", sagt Dr. Christina Koppe, Medizin-Meteorologin vom Deutschen Wetterdienst in Freiburg. Gerade im Sommer ist das eine Herausforderung für den Körper. Ganz anders im Winter: Bei Kälte sinkt die Durchblutung in den Blutgefäßen von Händen, Füßen und Nase. Im Körperinneren steigt der Blutdruck. Zeitgleich nimmt die Zahl der Gerinnungsfaktoren im Blut zu. So kann das Wetter im Extremfall bei Personen mit entsprechender Vorerkrankung einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen. Und bei manch einem fängt bei herein brechender Kälte eine alte Verletzung wieder an zu schmerzen. Auch dieses Phänomen kann mit dem Wetter zu tun haben. Möglicherweise ist eine erhöhte Muskelspannung der Grund dafür.
Probleme bei Luftdruckschwankungen
Diese unbewussten Prozesse basieren auf einer Vielzahl menschlicher Messfühler. So nutzt der Körper druckempfindliche Sensoren in der Halsschlagader. Die Medizin-Meteorologen nehmen an, dass diese nicht nur Blutdruckschwankungen, sondern auch den Luftdruck registrieren. Durch permanente und innerhalb von Minuten schwankende, kleine Druckunterschiede kann es zu Fehlregulierungen im Körper kommen. Hinzu kommen Veränderungen der Luftfeuchte und -temperatur, der Sonneneinstrahlung und der Windgeschwindigkeit. Dabei sind es nicht unbedingt extreme Werte, die einem zu schaffen machen, sondern häufige Schwankungen innerhalb eines oder weniger Tage.
Regelmäßig an die Luft gehen
Wetterfühligkeit ist also eine Art Anpassungsschwäche. "Wenn ein Mensch wetterfühlig ist, dann ist das immer ein Zeichen dafür, dass sein Körper einen gewissen Trainingsmangel hat oder vielleicht eine chronische Erkrankung vorliegt", sagt Koppe. Auch manche gesunde Menschen neigen zu Wetterfühligkeit. Das wiederum kann an niedrigem Blutdruck, Stress oder an persönlicher Unzufriedenheit liegen.
Der Expertenrat für Betroffene lautet: möglichst viel Zeit draußen verbringen, und zwar mindestens eine halbe bis ganze Stunde pro Tag – ganz egal wie warm, kalt oder verregnet es ist. Richtig angezogen, kann das eine Besserung bringen. Manchem helfen auch Wechselduschen. Dabei ist darauf zu achten, den Vorgang mit kaltem Wasser zu beenden. "Solche allgemeinen Ratschläge sind jedoch gerade bei angeschlagenen Personen schwierig. Da ist eine individuelle Beratung durch den Arzt vonnöten", empfiehlt Koppe.
Möglicherweise kann auch ein Ortswechsel bei der Bekämpfung der Beschwerden helfen. Menschen mit Atemwegserkrankungen geht es häufig in Meeresnähe besser. Hierbei eignet sich eher die Ostsee, da sie Temperaturwechseln und starken Winden weniger ausgesetzt ist als die Nordsee. Die nicht zu hohen Lagen der Mittelgebirge tun Wetterfühligen ebenfalls gut. Der dortige Wald wirkt ausgleichend, indem er starke Winde bremst und extreme Hitze, Kälte und Regen abfängt.
Franziska Wahle