Gesundheit

Diabetes Typ 1: Symptome, Verlauf & Therapie

Apotheker Rüdiger Freund  |  11.04.2025 08:27 Uhr

Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung. Dabei zerstört das Immunsystem die sogenannten Betazellen in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), die Insulin produzieren. Die Folgen: Insulinmangel und erhöhte Blutzuckerwerte. Die Krankheit tritt häufig im Kindes- oder Jugendalter auf und erfordert eine lebenslange Insulintherapie. Eine frühzeitige Diagnose und konsequente Behandlung sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden.

Frau, trägt eine Insulinpumpe.
Da der Körper bei Typ-1-Diabetes kein eigenes Insulin mehr produziert bildet, muss es unbedingt von außen zugeführt werden.
© Halfpoint/iStockphoto

Typ-1-Diabetesist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch einen absoluten Insulinmangel gekennzeichnet ist. Weil der Körper kein Insulin mehr produziert, kann der Zucker aus der Nahrung nicht in die Zellen aufgenommen werden, was zu anhaltend hohen Blutzuckerwerten führt.

Die Krankheit beginnt oft plötzlich und unerwartet, meist im Kindes- oder Jugendalter, kann aber auch Erwachsene betreffen. Weil Typ-1-Diabetes nicht heilbar ist, muss Insulin lebenslang durch Injektionen oder eine Insulinpumpe zugeführt werden. Mit einer angepassten Therapie, regelmäßiger Blutzuckerkontrolle und einer gesunden Lebensweise können Betroffene jedoch ein weitgehend normales Leben führen und Spätfolgen vermeiden.

Symptome von Typ-1-Diabetes

Typ-1-Diabetes entwickelt sich oft rasch innerhalb weniger Wochen. 

Typische Symptome von Typ-1-Diabetes 

  • Starker Durst (Polydipsie) – Betroffene trinken ungewöhnlich viel.
  • Häufiges Wasserlassen (Polyurie) – Durch die erhöhte Zuckerausscheidung müssen sie sehr oft zur Toilette.
  • Plötzlicher Gewichtsverlust – Trotz normalem oder sogar gesteigertem Appetit nimmt das Körpergewicht ab.
  • Müdigkeit und Antriebslosigkeit – Die Zellen erhalten keine Energie aus der Glukose, was zu ständiger Erschöpfung und Konzentrationsschwäche führt.
  • Trockene Haut und Juckreiz – Durch den Flüssigkeitsverlust kann die Haut spannen und gereizt sein.
  • Aceton-Geruch des Atems – Bei stark erhöhtem Blutzucker kann der Atem süßlich oder nach Nagellackentferner riechen.
  • Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen – können auf eine diabetische Ketoazidose hindeuten, eine lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung.

Bei Säuglingen und Kleinkindern kann sich Typ-1-Diabetes durch anhaltende Windelnässe, Reizbarkeit oder eine plötzliche Verlangsamung ihrer Entwicklung zeigen. Da es schnell zu einer Verschlechterung des klinischen Bildes kommen kann, ist es wichtig, bei ersten Anzeichen sofort ärztlichen Rat einzuholen, um eine frühzeitige Diagnose und Behandlung zu ermöglichen.

Verlauf von Typ-1-Diabetes

Ohne Insulintherapie kann der Körper den Zucker nicht verwerten, was zu einer lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung führt. Mit einer gut eingestellten Therapie können Betroffene jedoch ein weitgehend normales Leben führen und das Risiko für Folgeerkrankungen minimieren.

Mit Behandlung:

  • Stabile Blutzuckerwerte durch regelmäßige Insulingaben und Blutzuckerkontrollen.
  • Normale körperliche und geistige Entwicklung bei Kindern.
  • Geringeres Risiko für akute Komplikationen wie Unterzuckerung oder Ketoazidose.
  • Vorbeugung langfristiger Schäden an Augen, Nieren, Nerven und Gefäßen.
  • Gute Lebensqualität bei angepasster Ernährung, Bewegung und regelmäßiger medizinischer Betreuung.

Ohne Behandlung:

  • Zunehmende Symptome wie starker Durst, häufiges Wasserlassen, Gewichtsverlust und Erschöpfung.
  • Diabetische Ketoazidose:
    • Durch den Insulinmangel greift der Körper Fettreserven zur Energiegewinnung an.
    • Dabei entstehen Ketone, die das Blut übersäuern (Ketoazidose).
    • Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, tiefe Atmung (Kussmaul-Atmung), Bewusstseinsstörungen bis zum Koma.
    • Unbehandelt kann die Ketoazidose lebensgefährliches Organversagen auslösen.
  • Chronisch erhöhter Blutzucker führt langfristig zu Gefäß- und Nervenschäden (z. B. diabetische Neuropathie, Retinopathie, Nierenschäden).
  • Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (SchlaganfallHerzinfarkt).
  • Verminderte Lebenserwartung, wenn der Blutzucker dauerhaft schlecht eingestellt ist.

Ohne Insulin ist Typ-1-Diabetes tödlich, da der Körper über keine eigene Blutzuckerregulation mehr verfügt. Die diabetische Ketoazidose ist die häufigste akute Komplikation und kann innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden. 

Ursachen von Typ-1-Diabetes

Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Dadurch entsteht ein absoluter Insulinmangel, und der Körper kann den Blutzucker nicht mehr regulieren. 

Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt, aber es gibt mehrere Faktoren, die das Erkrankungsrisiko beeinflussen:

  • Der Körper bildet fälschlicherweise Antikörper gegen die eigenen Betazellen, was zu deren Zerstörung führt.
  • Genetische Veranlagung: Menschen mit bestimmten HLA-Genvarianten (Humane Leukozyten-Antigene sind Gene des Immunsystems) haben ein höheres Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken.
  • Infektionen mit bestimmten Viren (z. B. Coxsackie-, Rota- oder Epstein-Barr-Viren) werden als mögliche Auslöser vermutet.
  • Störungen des Immunsystems, die bereits in der Kindheit beginnen können, spielen eine Rolle.

Risikofaktoren für von Typ-1-Diabetes

  • Genetische Disposition – Kinder von Eltern mit Typ-1-Diabetes haben ein leicht erhöhtes Risiko.
  • Einige Virusinfektionen in der frühen Kindheit könnten das Immunsystem triggern.
  • Ein niedriger Vitamin-D-Spiegel oder zu wenig Kontakt mit Keimen könnte das Risiko erhöhen.
  • Stress und extreme körperliche Belastungen können möglicherweise als zusätzlicher Trigger wirken, wenn eine genetische Veranlagung besteht.

Übergewicht und ungesunde Ernährung sind relevant für Typ-2-Diabetes, aber nicht für Typ 1. Auch Zucker- oder Kohlenhydratkonsum in der Kindheit beeinflusst die Erkrankung nicht. 

Typ-1-Diabetes kann nicht verhindert werden, da die Erkrankung durch eine Fehlregulation des Immunsystems verursacht wird. Allerdings arbeiten Forscher an Impfstoffen und Immuntherapien, um den Krankheitsausbruch in Zukunft möglicherweise zu verzögern oder zu verhindern.

Diagnose

Da Typ-1-Diabetes oft plötzlich mit starken Symptomen auftritt, ist eine schnelle Diagnose entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden. Der Arzt überprüft typische Symptome und führt verschiedene Bluttests durch, um den Blutzuckerwert und mögliche Autoantikörper zu bestimmen.

Wichtige Untersuchungen zur Diagnose:

  • Blutzuckermessung
    • Nüchternblutzucker: Werte über 126 mg/dl (7,0 mmol/l) deuten auf Diabetes hin.
    • Gelegenheitsblutzucker: Über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) in Kombination mit Symptomen spricht für Diabetes.
    • Oraler Glukosetoleranztest (oGTT): Selten nötig, da Typ-1-Diabetes meist durch hohe Nüchternwerte erkennbar ist.
  • HbA1c-Wert zeigt den „Langzeit-Blutzucker“
    • Zeigt den durchschnittlichen Blutzucker der letzten 8–12 Wochen.
    • Werte ab 6,5 Prozent (48 mmol/mol) deuten auf Diabetes hin.
  • Nachweis von Autoantikörpern zur Abgrenzung von Typ-2-Diabetes
    • GADA (Glutamatdecarboxylase-Antikörper)
    • IA2-Antikörper
    • Zinktransporter-8-Antikörper (ZnT8-AK)
    • Diese Antikörper zeigen eine Autoimmunreaktion gegen die Bauchspeicheldrüse und sind typisch für Typ-1-Diabetes.
  • Bestimmung des C-Peptids zeigt die körpereigene Insulinproduktion
    • Niedrige Werte deuten auf eine fehlende Insulinproduktion und damit Typ-1-Diabetes hin.
    • Normale oder hohe Werte sprechen eher für Typ-2-Diabetes.
  • Ketonnachweis im Blut oder Urin bei Verdacht auf diabetische Ketoazidose
    • Bei stark erhöhtem Blutzucker bildet der Körper Ketone, die zu einer lebensgefährlichen Übersäuerung (Ketoazidose) führen können.

Bei Kindern mit einem erhöhten genetischen Risiko kann eine frühzeitige Testung auf Autoantikörper helfen, den Krankheitsausbruch frühzeitig zu erkennen und möglicherweise zu verzögern.

Therapie von Typ-1-Diabetes

Weil der Körper bei Typ-1-Diabetes kein Insulin mehr produziert, ist eine lebenslange Insulintherapie erforderlich. Das Ziel der Behandlung ist es, den Blutzucker möglichst stabil zu halten, akute und langfristige Komplikationen zu vermeiden und eine hohe Lebensqualität zu ermöglichen. 

Die Therapie beruht auf drei Säulen:

1. Insulintherapie
Da der Körper kein eigenes Insulin mehr bildet, muss es von außen zugeführt werden. Die Verabreichung kann unterschiedlich erfolgen:

  • Basal-Bolus-Therapie (intensivierte Insulintherapie, ICT): Langzeit-Insulin (Basalinsulin): Deckt den Grundbedarf ab und wird morgens und abends gespritzt.
  • Schnell wirkendes Insulin (Bolusinsulin): Wird zu den Mahlzeiten gespritzt, um den Blutzuckeranstieg nach dem Essen zu regulieren.
  • Insulinpumpentherapie (CSII – kontinuierliche subkutane Insulininfusion): Eine kleine Pumpe gibt kontinuierlich Insulin über einen Katheter ins Unterhautfettgewebe ab. Besonders bei Kindern, Jugendlichen oder Menschen mit instabilen Blutzuckerwerten geeignet.
  • Hybrid-Closed-Loop-Systeme („Künstliche Bauchspeicheldrüse“): Kombination aus Insulinpumpe und kontinuierlicher Blutzuckermessung (CGM). Eine automatische Anpassung der Insulinzufuhr anhand der aktuellen Werte erfolgt teilweise selbstregulierend.

2. Blutzuckerkontrolle und Glukosemessung
Regelmäßige Messungen sind notwendig, um Über- oder Unterzuckerungen zu vermeiden:

  • Blutzuckermessgerät misst Kapillarblut aus der Fingerkuppe.
  • Kontinuierliche Glukosemessung (CGM, FGM): Sensoren messen dauerhaft den Blutzucker im Gewebe.

3. Ernährung und Lebensstil
Kohlenhydrate berechnen (BE/KE-Faktor), damit die richtige Insulinmenge angepasst werden kann.

  • Ausgewogene Ernährung mit ballaststoffreichen Lebensmitteln hilft, Blutzuckerschwankungen zu reduzieren.
  • Regelmäßige Bewegung verbessert die Insulinempfindlichkeit, erfordert aber eine Anpassung der Insulindosis.
  • Alkohol und stark zuckerhaltige Speisen mit Vorsicht konsumieren, da sie den Blutzucker stark beeinflussen können.
  • Unterzuckerung (Hypoglykämie) vermeiden: Symptome wie Zittern, Schwitzen, Herzrasen erfordern schnelle Zuckeraufnahme (z. B. Traubenzucker, Saft).
  • Überzuckerung (Hyperglykämie) kontrollieren: Zu hoher Blutzucker über längere Zeit kann zu Ketoazidose oder Organschäden führen.
  • Regelmäßige ärztliche Kontrollen zur Früherkennung von Augen-, Nerven-, Nieren- oder Gefäßschäden.

Es gibt verschiedene, vielversprechende neue Therapieansätze. Dazu zählen zum Beispiel Immuntherapien, die darauf abzielen, die Autoimmunreaktion zu stoppen oder zu verlangsamen. Auch die Transplantation von Betazellen oder Inselzellen in die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist ein neuer Ansatz. Eine geglückte Transplantation könnte die Wiederherstellung der körpereigenen Insulinproduktion bewirken. Auch an sogenannten künstlichen Bauchspeicheldrüsen, vollautomatischen Insulin-Pumpensystemen wird derzeit geforscht.

Was die Apotheke rät

  • Zu den in der Apotheke erhältlichen Hilfsmitteln für das Diabetes-Management zählen Blutzuckermessgeräte und Teststreifen, kontinuierliche Glukosemesssysteme, Lanzetten und Stechhilfen für schmerzfreie Blutentnahmen sowie Desinfektionsmittel und Pflaster.
  • Mikronährstoffe wie Magnesium und B-Vitamine, Chrom und Zink und Omega-3-Fettsäuren können den Stoffwechsel unterstützen.
  • Urea-haltige Cremes helfen gegen die häufig vorkommende trockene Haut und den damit verbundenen Juckreiz.
  • Fußpflege-Produkte können beim diabetischen Fußsyndrom von Druckstellen vorbeugen.
  • Regelmäßige Blutzuckermessung und Insulinanpassung ist wichtig.
  • Immer Traubenzucker oder Glukagon-Notfallset griffbereit haben, um Unterzuckerung zu vermeiden.
  • Gesunde Ernährung und Bewegung stabilisiert den Blutzucker.
  • Manche rezeptfreie Medikamente (z. B. Kortison, einige Schmerzmittel) können den Blutzucker beeinflussen – immer nach Wechselwirkungen erkundigen.

Kurz zusammengefasst

  • Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, die zur Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen führt.
  • Erste Symptome sind übermäßiger Durst, häufiges Wasserlassen und Gewichtsverlust.
  • Die Diagnose erfolgt durch Blutzucker- und Antikörpertests.
  • Die Behandlung erfordert eine lebenslange Insulintherapie.
  • Eine gute Blutzuckerkontrolle hilft, Folgeerkrankungen zu vermeiden.

Quellen

Zuletzt aktualisiert: 08.04.2025

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