Tamara Berikoven
|
16.07.2024
Brustkrebs ist mit Abstand die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jede achte bundesweit erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Zwar sind die Heilungschancen im Vergleich zu anderen Krebsarten recht gut. Doch noch immer stehen den derzeit jährlich über 70.000 Neuerkrankungen mehr als 18.000 Todesfälle gegenüber.
Laut aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) wird zusätzlich zu der Zahl der neu Erkrankten bei mehr als 6.000 Betroffenen ein in-situ-Tumor gefunden. Er stellt eine Vorstufe zu einer Krebserkrankung dar. In den Milchgängen liegen dann veränderte Zellen vor, die nicht oder noch nicht in umliegende Gewebe eindringen. Aus ihnen kann sich aber mit einer höheren Wahrscheinlichkeit ein Mammakarzinom entwickeln.
Verschiedene Faktoren, beispielsweise eine ungesunde Lebensweise oder eine genetische Vorbelastung, erhöhen die Gefahr, an Brustkrebs zu erkranken. Sehr dichtes Brustdrüsengewebe, bestimmte Brustveränderungen oder vorausgegangener Krebs zählen ebenfalls dazu. Ausschließen lässt sich das Risiko nicht. Selbst gesundheitsbewusste Frauen, in deren Familien Krebs kaum vorkommt, können mit der Diagnose Brustkrebs konfrontiert werden.
Brustkrebs möglichst früh erkennen
Wird die Erkrankung rechtzeitig erkannt und behandelt, ist er meistens heilbar. „Genau hier setzt das Mammografie-Screening an“, erklärt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes KID am Deutschen Krebsforschungszentrum: „Dabei handelt es sich um eine Früherkennung. Der vielfach verwendete Begriff ‚Vorsorge‘ stimmt eigentlich so nicht.“ Die Brüste werden bei niedriger Strahlung geröntgt, jeweils in waagerechter und senkrechter Richtung. Im Anschluss prüfen zwei Radiologinnen unabhängig voneinander die vier Befunde.
Eingeführt wurde das qualitätsgesicherte Mammografie-Screening-Programm (MSP) zur Früherkennung von Brustkrebs zwischen 2005 und 2009. Frauen wurden seitdem kurz nach ihrem 50. Geburtstag und dann im turnusmäßigen Abstand von zwei Jahren bis ins 69. Lebensjahr schriftlich eingeladen, daran teilzunehmen. Dr. Weg-Remers verweist auf Studien, die belegen, dass die systematische Früherkennung die Sterblichkeit tatsächlich senken kann. „Deshalb wird sie auch von den Kassen bezahlt“, erläutert sie.
Tatsächlich zeigen die Neuerkrankungsraten nach Einführung des Programms, dass in der Screening-Altersgruppe zuletzt weniger fortgeschrittene Tumore auftraten als davor. „Seit Ende der 1990er Jahre gehen die Sterberaten an Brustkrebs kontinuierlich zurück, am stärksten bei Frauen zwischen 60 und 69 Jahren“, weiß die Medizinerin, „Werden die Karzinome rechtzeitig erkannt, können sie gut behandelt werden. Zudem haben Fortschritte in der Therapie die Überlebenschancen der Betroffenen verbessert.“
Jetzt neu: Mammografie-Programm bis 75
Neuere Studien zum Screening beziehen auch Daten von bis zu 75-Jährigen mit ein und zeigen, dass das Screening auch bei ihnen sinnvoll ist. Deshalb sind ab Juli 2024 in Deutschland erstmals auch Frauen zwischen 70 und 75 Jahren teilnahmeberechtigt. Das sind etwa 2,5 Millionen mehr als vorher. Durch die Anhebung der Altersgrenze können sie künftig bis zu drei Mal häufiger in ihrem Leben eine Mammografie wahrnehmen.
Einladungen zu dem gesetzlichen Programm werden automatisch verschickt, aber möglicherweise erst mit zeitlicher Verzögerung. „Daher“, empfiehlt Expertin Weg-Remers, „sollten Frauen selbst aktiv werden, wenn der Untersuchungszeitraum überschritten ist. Die Regelmäßigkeit der Kontrolle kann entscheidend sein.“ Für einen Untersuchungstermin kann man sich bei den sogenannten Zentralen Stellen des Mammographie-Screenings anmelden. Die Kontaktdaten sind hier zu finden. Dort wird auch geprüft, ob die Frau schon wieder anspruchsberechtigt ist. Die letzte Früherkennungs-Mammographie z.B. muss bei dieser Terminanfrage mindestens 22 Monate her sein.Und die jährliche Krebsvorsorge durch die Frauenärztin solle so gelegt werden, dass es einen sinnvollen zeitlichen Abstand zur Mammografie gebe.
Angst vor der Mammografie?
Manche Frauen scheuen aus Angst vor einer unheilvollen oder falsch positiven Diagnose die Mammografie. Eine erneute kurzfristige Wiedereinbestellung kommt bei ca. 30 von 1000 Untersuchungen vor. Doch bei lediglich sechs sei es tatsächlich Brustkrebs, weiß Dr. med. Kathrin Stewen. Die stellvertretende Leitung operative Senologie am Universitätsklinikum Mainz rät, bei Ängsten das Gespräch mit einer Frauenärztin zu suchen, bei der man sich gut aufgehoben fühlt.
Auch Furcht vor der Strahlenbelastung hindert so manche daran, das Screening wahrzunehmen. Allerdings ist die Strahlendosis so niedrig, dass sie normalerweise keine Folgen hat. Wer Unterstützung zur Risikoabwägung möchte, kann einen gesonderten Termin zu einem ärztlichen Aufklärungsgespräch wahrnehmen. Die Telefonnummer findet sich auf dem Einladungsschreiben.
Wenn das Röntgen schmerzhaft ist
Für etliche Frauen ist das Röntgen der Brüste sehr schmerzhaft. Ein Grund könnte sehr dichtes, festes Drüsengewebe sein, wie es bei eher jüngeren Frauen vor der Menopause oder mastopathischem Drüsengewebe vorkommt. Ihnen empfiehlt man, kurz nach Ende der Periode zur Mammografie zu gehen. „Dann, wie auch nach den Wechseljahren“, so Dr. Stewen, „wird das Brustdrüsengewebe wieder weicher.“
Es ist verständlich, Angst vor der Mammografie zu haben und möglichen Schmerz vermeiden zu wollen. Dann hilft es auch, sich zu vergegenwärtigen, dass eine Untersuchung meist weniger Unbehagen verursacht als zwei Jahre der Ungewissheit. Und dass ein zu spät entdecktes Karzinom tödlich sein kann.
Was man noch zur Früherkennung tun kann
Frauen sollten ihre Brüste regelmäßig selbst untersuchen. Dazu gehören das Abtasten und das Prüfen auf ein verändertes Aussehen. Einmal jährlich übernimmt dann die Gynäkologin die Aufgabe im Rahmen der Krebsvorsorge. Von der Kasse nicht bezahlt werden Ultraschall und MRT. Wer unsicher ist, ob eine dieser Methoden zusätzliche Sicherheit bringt, sollte das Gespräch mit der Frauenärztin suchen.