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27.07.2022
Forscher des Imperial College London haben kürzlich eine umfassende Fallserie zu Affenpocken veröffentlicht. Dafür wurden 528 Infektionen untersucht, die zwischen dem 27. April und dem 24. Juni in 16 Ländern diagnostiziert worden waren. Insgesamt seien zu 98 Prozent homosexuelle oder bisexuelle Männer betroffen gewesen. Das Durchschnittsalter lag bei 38 Jahren, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal »NEJM«.
Das Virus sei in 95 Prozent der Fälle bei sexueller Aktivität übertragen worden, heißt es in der Publikation. Aber auch andere Übertragungswege sind möglich, zum Beispiel über Tröpfchen oder Kontakt mit den charakteristischen Hautläsionen. „Es ist wichtig zu betonen, dass es sich bei Affenpocken nicht um eine klassische sexuell übertragbare Erkrankung (STI) handelt, sie kann durch jede Art von engem Kontakt übertragen werden“, berichtet Studienautor Dr. John P. Thornhill in einer Mitteilung der Queen Mary University of London.
Symptome unterscheiden sich bei Erkrankten
Die Symptome der Erkrankten waren nicht immer charakteristisch: 95 Prozent zeigten Hautveränderungen, wobei die Mehrheit (64 Prozent) weniger als zehn Läsionen aufwies. 73 Prozent hatten Läsionen am After und den Genitalien, dabei trat bei fast 10 Prozent der Patienten nur eine einzelne Läsion auf. Letzteres ähnele den Symptomen von anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, weshalb diese leicht zu verwechseln seien, betonen die Autoren. Mediziner sollten bei Hochrisikopersonen auch bei solchen Symptomen an Affenpocken denken.
Häufig hatten die Patienten auch Fieber (62 Prozent), Schläfrigkeit (41 Prozent), Muskelschmerzen (31 Prozent) und Kopfschmerzen (27 Prozent). Ins Krankenhaus mussten 13 Prozent der Patienten eingewiesen werden, zum Teil wegen starker Schmerzen an Anus und Rektum, schwerer Rachenentzündung, Schluckbeschwerden oder Augenläsionen. Zu schweren Komplikationen kam es in drei Fällen: ein Patient entwickelte eine Epiglottitis (Kehldeckelentzündung) und zwei eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung).
Auch die europäische Seuchenbehörde ECDC hatte schon in einem Bericht vom 8. Juli darauf hingewiesen, dass sich im aktuellen Affenpocken-Ausbruch die Erkrankung mit einem Spektrum von Symptomen präsentiere, das sich von dem früherer Affenpocken-Ausbrüche in endemischen Ländern unterscheide. Auch asymptomatische oder subklinische Verläufe kämen vor. Letzteres sollte bestätigt und die Relevanz für die Übertragung überprüft werden, heißt es von der ECDC. Durch asymptomatische Infektionen würde die Eindämmung des Ausbruchs besonders erschwert. Die aktuelle Fallserie gibt hierzu keine Auskünfte – es wurden ausschließlich Infizierte eingeschlossen, die sich wegen Symptomen in ärztliche Behandlung begeben hatten.
Quelle: DOI 10.1056/NEJMoa2207323