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Borreliose: chronische Beschwerden als Folge von Bakterien-Resten?

Apotheker Rüdiger Freund  |  28.04.2025 10:53 Uhr

Nach einer Borreliose leiden manche Betroffene unter anhaltenden Beschwerden wie Gelenkentzündungen, genannt Lyme-Arthritis. Eine aktuelle Studie liefert nun eine Erklärung: Zellbestandteile der Erreger könnten im Körper verbleiben und das Immunsystem dauerhaft reizen.

Wanderer sprüht sich die Beine mit Zeckenschutz ein.
Wer in der Natur unterwegs ist, trägt am besten lange Kleidung oder sprüht sich mit Insektenschutz ein, um Zecken abzuwehren.
© Zbynek Pospisil/iStockphoto

Zellwand-Baustein bleibt im Körper zurück

Im Fokus der Forschung steht ein spezieller Bestandteil der bakteriellen Zellwand: das sogenannte Peptidoglykan von Borrelia burgdorferi (kurz: PGBb). Normalerweise wird dieses Molekül vom Immunsystem abgebaut, doch Forscher beobachteten bei Mäusen, dass es sich in bestimmten Geweben – vor allem in der Leber – hartnäckig halten kann. 

Besonders auffällig: Dieses Peptidoglykan unterscheidet sich chemisch deutlich von Zellwandbestandteilen anderer Bakterien. Diese einzigartige Struktur scheint dafür zu sorgen, dass es in Zellen der Leber über Wochen hinweg gespeichert wird, ohne sofort eine akute Entzündung auszulösen.

Möglicher Auslöser anhaltender Entzündungen

Obwohl das ursprüngliche Bakterium längst bekämpft wurde, könnte das verbliebene PGBb weiterhin das Immunsystem reizen. Die Studie zeigte, dass die betroffenen Zellen bestimmte Eiweiße produzieren, die auch bei Patienten mit chronischen Beschwerden nach Infektionen gefunden wurden. Zudem beeinflusst das Peptidoglykan offenbar den Energiestoffwechsel von Immunzellen im Blut.

In einer früheren Arbeit hatten die Forscher bereits PGBb in der Gelenkflüssigkeit von Patienten mit Lyme-Arthritis nachgewiesen, bei anderen Formen der Gelenkentzündung jedoch nicht. Diese Befunde stützen die Theorie, dass zurückgebliebene bakterielle Moleküle als dauerhafte Reizquelle wirken können: eine mögliche Erklärung für langanhaltende Beschwerden nach einer eigentlich überstandenen Borreliose.

Chronische Borreliose-Symptome ernst nehmen

Die neuen Erkenntnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Mechanismen hinter sogenannten postinfektiösen Erkrankungen besser zu verstehen. Sie zeigen auch, dass selbst nach erfolgreicher Antibiotikatherapie bakterielle Überreste im Körper verbleiben und das Immunsystem beeinflussen können. Ob daraus neue Behandlungsansätze entstehen, bleibt abzuwarten – doch ein besseres Verständnis ist ein erster Schritt.

Borreliose (genauer: Lyme-Borreliose) ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien der Art Borrelia verursacht wird und vor allem Haut, Gelenke, Nerven und Herz befallen kann. Man steckt sich hauptsächlich durch den Stich infizierter Zecken an, die die Bakterien beim Blutsaugen übertragen.

Quelle: DOI 10.1126/scitranslmed.adr2955 

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