Frank Dieckerhoff , Inhaber der Funkturm-Apotheke in der Arcostraße, freut sich über das Kompliment. "Wir tun, was wir können, vor allem für chronisch Kranke wie Frau Walke. Aber die Apotheken vor Ort baden die Versäumnisse aus, die die Politik in den letzten zehn, zwanzig Jahren gemacht hat", kritisiert der Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
Die Mangelverwaltung kostet Zeit. "Im Computer recherchieren, beim Arzt anrufen, die Patienten beraten, das dauert manchmal eine Viertelstunde. Und diese zusätzliche Zeit bekomme ich von den Krankenkassenso gut wie gar nicht bezahlt", empört sich seine Kollegin Ausbüttel. Viel Frust, aber auch viel Erschöpfung machen sich nicht nur bei ihr breit.
Doch worin liegen die Gründe für Lieferengpässe? "Viele Arzneimittel kommen inzwischen aus China und Indien", erklärt Rettstadt. Kommt es auf dem Lieferweg zu Störungen, macht sich das in Deutschland bemerkbar. "Das hat sich besonders während der Corona-Pandemie gezeigt, als China komplette Häfen dichtgemacht hat", ergänzt der Hausarzt. Auch wenn wie derzeit viele Schiffe nicht mehr durch das Rote Meer und den Suezkanal fahren, wirkt sich das hierzulande aus. Hinzu kommen hausgemachte Gründe. "Für viele Arzneimittel, die keinen Patentschutz mehr besitzen, schließen Krankenkassen seit vielen Jahren mit den günstigsten Anbietern Rabattverträge ab", blickt Ausbüttel auf die Entwicklung zurück. Das sind meistens Firmen aus Asien. Deutsche Hersteller können bei diesem Preisdumping nicht mehr mithalten. Für sie lohnt sich die Produktion nicht mehr. Und mit den Jahren wurden hierzulande immer mehr Fabriken geschlossen.
Was sind uns Arzneimittel wert?
"Als in Deutschland die Fiebersäfte für Kinder knapp waren, gab es zum Beispiel in Tschechien ein ausreichendes Angebot. Die Hersteller haben dort einfach mehr Geld für ihre Medikamente bekommen", bedauert Ausbüttel. Rettstadt ergänzt: "Wir müssen uns in Deutschland einfach fragen, wie viel wir für Arzneimittel bezahlen wollen." Er nennt als Beispiel den Wirkstoff Semaglutid, umgangssprachlich oft als Abnehmspritze bezeichnet. Von Semaglutid profitieren vor allem Typ-2-Diabetiker und stark Übergewichtige. "Aber wenn der Hersteller in anderen Ländern das Drei- bis Vierfache dafür bekommt, darf man sich nicht wundern, wenn in Deutschland zu wenig davon ankommt."