27.10.2016
Studierende in Deutschland sind überdurchschnittlich gestresst. Das geht aus einer repräsentativen Online-Befragung unter mehr als 18.000 Hochschülern hervor. Die Untersuchung, die im Auftrag des AOK-Bundesverbandes durchgeführt wurde, zeigt auch: Es gibt Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen, privaten und staatlichen Universitäten sowie Bachelorstudenten und Studierenden anderer Abschlussarten.
„Es ist vor allem der Stress, der durch Zeit- und Leistungsdruck sowie die Angst vor Überforderung entsteht, was Studierenden das Leben schwer macht“, sagt Studienleiterin Prof. Dr. Uta Herbst von der Universität Potsdam. So gaben 53 Prozent ein hohes Stresslevel an, damit rangieren sie vor anderen Bevölkerungsgruppen. Wie eine vergleichbare Studie aus dem vergangenen Jahr gezeigt hat, lag der Anteil der in der Arbeitswelt Beschäftigten mit hohem Stresslevel mit 50 Prozent knapp darunter. Ein Grund für dieses hohe Belastungsgefühl sieht Studienleiter Prof. Dr. Markus Voeth von der Universität Hohenheim in den Folgen der so genannten Bologna-Reform. Im Jahr 1999 hatten sich insgesamt 29 europäische Staaten auf die Schaffung eines einheitlichen Hochschulraumes verständigt. Dies hatte unter anderem eine stärkere Reglementierung und eine erhöhte Prüfungsbelastung zur Folge.
In den vorliegenden Befragungsergebnissen macht sich offenbar nun der Druck bemerkbar, der aus den gestiegenen Anforderungen an den Unis entsteht, bemerkbar. "An erster Stelle ist es der hochschulbezogene Stress, der Studierenden zu schaffen macht", sagt Voeth. "Dazu zählen neben Vorbereitungszeiten auf Prüfungen und dem Anfertigen der Abschlussarbeit die allgemeine Arbeitsbelastung durch das Studium sowie der Stoffumfang in Lehrveranstaltungen. Viele Studierende plagen sich auch mit zu hohen Erwartungen an sich selbst." Weniger ins Gewicht fallen dagegen die bekannten Stressoren des Alltags wie die Pflege von sozialen Kontakten oder die ständige Erreichbarkeit durch die modernen Medien. Kommt Stress auf, äußert sich dieser bei den Betroffenen in unterschiedlicher Form: Am häufigsten wurden Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten sowie Lustlosigkeit genannt. Wer es nicht alleine schafft, mit den Belastungen umzugehen, kann sich Hilfe holen. Der Leiter der Studienberatung und Psychologischen Beratung der Freien Universität Berlin, Diplom-Psychologe Hans-Werner Rückert: „Spätestens wenn sich der Stress negativ auf die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit auswirkt, ist es höchste Zeit für professionelle Unterstützung und Beratung." Dazu gibt es zahlreiche, etablierte Angebote: Am bekanntesten ist die zentrale Studienberatung, die 75 Prozent der Studierenden kennen und die von einem Viertel aller Studierenden in Anspruch genommen wurde.
AOK/NK