Apotheker Rüdiger Freund
|
27.04.2021
Dass die Nase Schleim bildet, hat die Natur "mit Hintergedanken" eingerichtet. Denn dieses Sekret ermöglicht es der Nase erst, als eine Art Klimaanlage für den Körper zu arbeiten. Beim Einatmen filtert, befeuchtet und temperiert sie die Luft: Fremdstoffe und Krankheitskeime bleiben an der feuchten Nasenschleimhaut kleben, bevor sie in die Lunge gelangen. Gleichzeitig gibt das Naseninnere Feuchtigkeit ab und wärmt kalte Luft an.
Dauerschnupfen ohne Allergie
Doch dieses eingespielte System kann aus dem Ruder laufen – zum Leidwesen vieler älterer Menschen, bei denen eine Art von Dauerschnupfen auftritt, ohne dass sie erkältet oder allergiegeplagt wären. Ihre Nasenschleimhaut bildet dauerhaft dünnflüssiges Sekret, und die Nase tropft wie ein Wasserhahn. Gleichzeitig ist die Nasenschleimhaut oft trocken. Es bilden sich Krusten und die Nase ist verstopft. Wie das Problem genau entsteht, ist bisher nicht komplett bekannt. Zuerst muss ein Arzt klären, ob nicht doch eine Allergie oder durch Viren bedingte Atemwegserkrankungen dahinterstecken. Eine chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen oder Erkrankungen des Nervensystems wie etwa die Parkinson-Krankheit können ebenfalls die Nase zum "Dauerlaufen" bringen. Auch Nebenwirkungen von bestimmten Medikamenten, bestimmte Reizungen oder Stress kommen dafür in Betracht.
Sekret nicht im Gleichgewicht
Trifft das alles nicht zu, vermuten Fachleute altersbedingte Veränderungen als Ursachen für diese Dauerreizung. Das Zusammenspiel verschiedener Zelltypen und Drüsen in der Nasenschleimhaut scheint gestört zu sein. Diese Zellen produzieren den Schleim, sie regeln, ob er dünn oder zähflüssig ist, und transportieren ihn.
Je älter jedoch der Mensch wird, desto häufiger kommt es zu einem Ungleichgewicht dieser Zellen. Bestimmte Zelltypen sind nicht mehr in der Menge vorhanden wie in jungen Jahren, während andere fast unverändert ihre Arbeit tun. Treffen nun über das Nervensystem Reize ein, die die Schleimproduktion in der Nase anstoßen und regeln, wird nur noch wässriges Sekret gebildet. Zeitgleich schwillt die Nase zu. Oft liegt noch eine dauerhafte Entzündung vor, die ebenfalls die Sekretion verstärkt. Zudem nimmt die Dichte des Flimmerepithels mit den Jahren deutlich ab. Das ist eine Zellschicht, die die Nase wie ein Teppich auskleidet. Diese Epithelzellen tragen feinste Härchen, die Zilien, auf denen der Schleim transportiert wird. Sie bewegen sich im Alter weniger koordiniert wie in jungen Jahren. Der Teppich wird also löchrig, und der Schleimtransport gerät ins Stocken. Fremdkörper bleiben daher länger in Kontakt mit der Schleimhaut und können sie anregen, mehr Sekret abzugeben.
Gegen das Naselaufen kann der Arzt heute verschiedene Arzneimittel verordnen. Allen voran Nasensprays mit kortisonähnlichen Wirkstoffen. Sie wirken antientzündlich, sorgen aber auch dafür, dass weniger Sekret gebildet wird. Präparate mit den Wirkstoffen Ipratropiumbromid oder Tiotropiumbromid hemmen ebenfalls die Sekretion. Auf dem deutschen Markt gibt es Inhalationspräparate gegen Asthma und COPD, die der Arzt unter Umständen verschreiben kann, auch wenn sie nicht dafür zugelassen sind.