11.11.2016
Wissenschaftler haben entdeckt, dass rote Eichhörnchen, die auf den britischen Inseln leben, Träger von menschlichen Lepra-Bakterien sein können. Einer der gefundenen Bakterienstämme ähnele Bakterien, die im Mittelalter für Lepra-Ausbrüche in Europa verantwortlich waren, berichten die Forscher.
Dass Eichhörnchen in Großbritannien an einer Form von Lepra erkranken können, ist schon länger bekannt. Um dem anhaltenden Rückgang der Tiere auf den Grund zu gehen, hatten Mikrobiologen aus Frankreich gemeinsam mit britischen Kollegen nun Erbgut und Blut von 110 Eichhörnchen-Kadavern aus Irland, Schottland und England auf Spuren von unterschiedlichen Lepra-Erregern untersucht. Bei roten Eichhörnchen von der Insel Brownsea Island fanden sie einen Stamm des Lepra-Erreger Mycobacterium leprae, der eng mit einem Stamm verwandt ist, der bei einem 730 Jahre alten menschlichen Skelett 70 Kilometer entfernt gefunden worden war. Bei anderen der untersuchten Eichhörnchen fanden die Forscher dagegen den Erreger Mycobacterium lepromatosis, der erst kürzlich entdeckt worden war und eine schwere Form von Lepra verursacht. Das berichten sie in der Fachzeitschrift Science.
Bisher waren Fachleute davon ausgegangen, dass die Lepra-Krankheit, die heute noch meist in Entwicklungsländern anzutreffen ist, ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen wird. Obwohl die Krankheit in Großbritannien schon lange nicht mehr aufgetreten ist, deutet der neue Fund nun darauf hin, dass Eichhörnchen über Jahrzehnte als Reservoir für Lepra-Bakterien gedient haben könnten. Die Forscher betonen jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, sich an einem Eichhörnchen mit der Krankheit anzustecken.
Lepra, auch bekannt als Aussatz, ist eine Infektionskrankheit, die hauptsächlich die Haut, periphere Nerven, die oberen Atemwege und die Augen betrifft. Sie wird durch zwei Bakterienarten verursacht: M. leprae und das erst kürzlich entdeckte M. lepromatosis. Als eine der ältesten Krankheiten hatte Lepra einst einen enormen sozialen Einfluss. Aussätzige wurden aus der Gesellschaft ausgestoßen und mussten sich mit einem Glöckchen bemerkbar machen. Obwohl die Krankheit heute dank Antibiotika weitgehend unter Kontrolle ist, wird jährlich noch über 200.000 neue Fälle weltweit berichtet.
HH