Gesundheit

Gestörter Geruchssinn: Ursachen und Therapie

Dr. Frank Schäfer  |  05.12.2022

Was den so wichtigen Geruchssinn beeinträchtigt und wann es ein Frühwarnzeichen sein kann, erläutert Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Michael Deeg.

Junge Frau, riecht an Lavendel.

© DeanDrobot/iStockphoto

Was den so wichtigen Geruchssinn beeinträchtigt und wann es ein Frühwarnzeichen sein kann, erläutert Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Michael Deeg.

Herr Dr. Deeg, welches sind häufige Gründe für Störungen des Geruchssinnes?

Deeg: Häufigster Grund ist Schnupfen infolge eines Virusinfektes. Dabei schwillt die Nase zu und man riecht nichts mehr. Das ist meist nach ein bis zwei Wochen wieder weg. Nun weiß man aber, dass es virale Infektionen gibt, die Sinnesfunktionen nachhaltiger stören können. Coronavirus Infekte gehören dazu, aber nicht nur. Es gibt auch einige andere Viren, die solche neurotropen Effekte hervorrufen. Hält die Störung des Riechempfindens infolge einer Infektion länger als ein bis zwei Wochen an, sollte man zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt gehen, der die Nase gründlich untersucht und eine Prüfung der Riechempfindung vornimmt. Man darf damit nicht zu lange abwarten, denn nur in der Frühphase kann man solche Riechstörungen gut behandeln.

Wie wird Betroffenen geholfen?

Deeg: Da es hier um immunologische Prozesse geht, die zu der Riechstörung führen, lassen sie sich mit Kortison behandeln. Beginnt die Therapie früh genug, kehrt die Riechfunktion in vielen Fällen zurück.

Und wenn das nicht mehr hilft?

Deeg: Dann gibt es die Möglichkeit, ein Riechtraining durchzuführen. Patienten gehen dabei fast wie Trüffelhunde durch Haus und Garten und riechen an allem, was dort Düfte ausströmt. Es besteht ja noch die Erinnerung etwa an den Geruch von Veilchen oder Gewürzen. Und liegt dann noch eine Restwahrnehmung des Riechsinnes vor, gibt es Regenerationseffekte durch das Training. In seltenen Fällen aber geht der Geruchssinn ganz verloren, dann hilft auch intensives Training nicht mehr.

Gibt es neben Infekten weitere Ursachen für Störungen des Riechsinnes? 

Deeg: Einige, zum Beispiel Polypen. Hals-Nasen-Ohren-Ärzte stellen bei Betroffenen fest, dass ab dem mittleren Nasengang alles nach oben hin mit grau-glasigen Polypen ausgefüllt ist. Die Patienten werden dagegen zunächst medikamentös behandelt. Reicht das nicht aus, kann eine Operation helfen. In manchen Fällen, in denen Patienten schon Operationen hinter sich haben und trotzdem weiter Polypen nachwachsen, kommen dagegen seit wenigen Jahren Biologicals zum Einsatz − kostspielige Präparate mit Biomolekülen, die immunologische Prozesse beeinflussen. Damit kriegt man Polypen oft doch noch weg. Diese können übrigens in sehr seltenen Fällen bösartig sein. Daher sollte man anhaltende Geruchsstörungen oder Beeinträchtigungen der Nasenatmung auf keinen Fall ignorieren.

Kann ein Ausfall des Geruchssinns noch auf andere Erkrankungen hindeuten?

Deeg: Kommt ein älterer Mensch in die Praxis und sagt ›Ich rieche immer schlechter, hatte aber keine Infektion‹, dann untersucht ein Hals-Nasen-Ohren- Arzt erst einmal die Nase sehr gründlich. Stellt er fest, dass alles in Ordnung ist, folgt ein ausführlicher Riechtest. Ist der Geruchssinn deutlich eingeschränkt, ohne dass es eine Erklärung dafür gibt, verweist er Betroffene auch an Neurologen. Denn es besteht der Verdacht auf eine neurodegenerative Erkrankung wie Morbus Alzheimer oder die Parkinson-Krankheit. In deren Frühphase kann der Ausfall des Geruchssinnes das einzig spürbare Symptom sein.

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