Über die zahlreichen Gerüchte und Legenden zu Schnupfen, Husten & Co. sprach die Neue Apotheken Illustrierte mit zwei Medizinern. Professor Dr. Ronald Eccles, Direktor eines Forschungsinstitutes zu Erkältungen der Universität Cardiff, und Dr. med. Steffen Dommerich, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Universität Rostock. Sie klären hier über sieben besonders verbreitete Erkältungsmythen auf.
1. Vitamin C verhindert Erkältungen
Eccles sieht das kritisch: "Vermutlich ist das von geringem Nutzen, um Erkältungen zu verhindern, zumal die meisten Menschen keinen Mangel an diesem Vitamin haben." Zu Vitamin C und Erkältungen gibt es auch eine aktuelle Zusammenschau wissenschaftlicher Studien. Diese belegt, dass Menschen die Häufigkeit von Erkältungen nicht verringern, wenn sie vorbeugend Vitamin C einnehmen. Geringe günstige Effekte kann es bei der Erkältungsdauer geben. Das gilt aber nicht, wenn man erst bei Einsetzen der Symptome zu Vitamin-C-Tabletten greift.
2. Erkältung kommt von Kälte
Auch wenn Erkältung sehr nach Kälte klingt, meldet Dommerich Zweifel an: "Man kann auch in den Tropen eine Erkältung bekommen. Wirklich ausgelöst wird sie durch Viren. Es gibt allenfalls indirekte Kälteeinflüsse, weil Kälte die Abwehr schwächen kann." Eccles erklärt: "Kaltes Wetter kühlt die Nase sowie den Rachen und Kehlkopf. Das verringert dort die Widerstandsfähigkeit gegenüber Infektionen, weil sich der Schleimtransport verlangsamt und gegen die Infektion kämpfende weiße Abwehrzellen weniger aktiv sind." Aus diesen Gründen kommen Erkältungen im Winterhalbjahr häufiger vor als in wärmeren Jahreszeiten. Die Viren aber gibt es das ganze Jahr über.
3. Nach der Erkältung hat man erstmal eine Zeit lang Ruhe
Erneut ein Veto von Dommerich: "Immun gegen weitere Erkältungen ist man nicht, weil es ja eine ganze Anzahl von Viren gibt, die sie auslösen." Man erwerbe sicherlich eine vorübergehende Immunität gegen das spezielle Virus, das die gerade aktuelle Erkältung verursacht hat, aber gegen die anderen auf keinen Fall. Und so kann man schnell wieder neue Erkältungen bekommen.
4. Am besten hilft immer noch ein heißer Grog
Dazu sagt Dommerich ganz klar: "Alkohol ist bei Erkältungskrankheiten nicht zu empfehlen. Er kann zwar durch eine Gefäßerweiterung ein gewisses Wärmegefühl hervorrufen, es wird einem aber nicht wirklich warm, es fühlt sich nur so an." In Wirklichkeit verliert man Wärme über die vermehrte Durchblutung der Körperoberfläche. Jacke, Pullover, Schal und Mütze halten sie dagegen zurück.
5. Vor Erkältungen schützt, gegen Grippe zu impfen
Eccles: "Die Grippeimpfung hat keine Wirkung bei Erkältungen, weil Grippe und Erkältungen von unterschiedlichen Viren ausgelöst werden." Aber auch wenn Grippe und Erkältungen Erkrankungen mit unterschiedlichen Auslösern sind: Die Symptome ähneln sich, daher werden sie oft verwechselt. Eher für Grippe spricht, wenn sehr plötzlich starkes Fieber und starke Kopf- und Muskelschmerzen einsetzen. Dann sollte man zum Arzt oder in eine Klinik gehen.
6. Gegen Erkältungen gibt man Antibiotika
Ganz falsch ist das nicht, weiß Dommerich, aber auch nicht ganz richtig: "Antibiotika wirken gegen Bakterien. Bei einer gewöhnlichen Erkältung helfen die nicht, weil es sich um eine Virusinfektion handelt. Allerdings kann es im Rahmen einer Erkältung zu einer zusätzlichen Infektion mit Bakterien kommen." In diesem Fall können Antibiotika sinnvoll sein. Ein Beispiel: die bakterielle, eitrige Nasennebenhölen-Entzündung, die sich bisweilen auf eine einfache Erkältung aufsetzt.
7. Erkältungserreger schwitzt man beim Saunieren oder Sport aus
Eindeutige Warnung von Dommerich: "Das kann man bei einer bestehenden Erkältung nicht empfehlen. Saunieren belastet in dieser Situation Herz und Kreislauf zu stark." Deswegen schadet auch Sport während einer Erkältung. Zur Vorsorge, um die Abwehr zu stärken, eignen sich Saunagänge und Sport aber sehr gut.
Beschwerden schnell lindern
- Bei Schnupfen helfen abschwellende Nasensprays, diese aber nicht länger als fünf bis sieben Tage nehmen. Länger anwendbar sind Nasensprays oder -spülungen mit Salzlösungen, die die Schleimhäute befeuchten.
- Wenn sich Schleim nicht gut abhusten lässt, helfen Mittel aus der Apotheke mit Wirkstoffen wie Ambroxol, Acetylcystein, Bromhexin oder mit Efeublätterextrakt. Es bieten sich zudem Produkte mit Thymian, Spitzwegerich und Eibischwurzel an.
- Trockenen Reizhusten lindern Mittel mit Wirkstoffen wie Benproperin, Dextromethorphan oder Pentoxyverin.
- Inhalationen lindern Atemwegsbeschwerden und erleichtern den Schleimabfluss, man kann dazu auch ätherische Öle einsetzen. Für kleine Kinder eignen sich diese nur eingeschränkt. Keinesfalls sollten Kinder mit Menthol und Kampfer behandelt werden.
- Schmerzmittel aus der Apotheke wie Acetylsalicylsäure (diese nicht für Kinder), Paracetamol und Ibuprofen helfen gegen Entzündungen, Fieber, Kopfschmerzen oder Schmerzen in den Muskeln. Gegen das Fieber wirken zudem Wadenwickel.
- Gegen Halsschmerzen gibt es Gurgellösungen, Lutschtabletten, Rachensprays oder Tropfen aus der Apotheke. Sie können lokal wirkende Antibiotika, desinfizierende Substanzen, lokal betäubende Wirkstoffe oder pflanzliche Extrakte, etwa wie aus Isländisch Moos, Salbei oder Kamille enthalten.
- Ganz wichtig: genug trinken, viel schlafen und sich schonen. Also nicht krank in die Schule oder zur Arbeit gehen.
Auf angenehme Weise vorsorgen
Am besten wäre es natürlich, man erkältet sich erst gar nicht. Ein Programm zur Vorbeugung hört sich ganz angenehm an: Radfahren, Walking oder Schwimmen, an frischer Luft spazieren gehen, leckere Gemüseteller, viel saftiges und frisches Obst, Obstsäfte, Stress abbauen, entspannen, Saunieren, Kneippbäder. Und was eigentlich jeder im Alltag ohnehin beherzigt: regelmäßig die Hände waschen. Das schützt einen selbst und die Mitmenschen sehr gut vor Erkältungsviren.
Wann zum Arzt?
Auch wer bei Erkältungen in der Regel nicht zum Arzt geht, sollte es tun, wenn etwas vom üblichen Verlauf abweicht. Wenn beispielsweise die Symptome gar nicht verschwinden wollen oder sich der Atem ungewöhnlich anhört, etwa rasselnd. Auch eitriger oder blutiger Schleim und hohes, anhaltendes Fieber sollte der Arzt beurteilen. Dies gilt auch für starke Schmerzen beispielsweise im Stirnbereich, unter den Augen oder im Ohr.