Nicht mehr gut sehen können, Konturen von Gegenständen mit ihrem Schatten verwechseln. Bewohnern von Altenheimen macht ihre nachlassende Sehkraft in vielfacher Hinsicht zu schaffen. Zudem leiden viele an einer Demenz. Sie führt oft dazu, dass sie Tag und Nacht nicht mehr unterscheiden können. Tagsüber nicken Betroffene oft ein, nachts finden sie keine Ruhe. Keine einfache Situation für Heimbewohner und Pflegepersonal.
Zellen messen Lichtstärke
Diese Beschwerden lassen sich mithilfe der richtigen Beleuchtung lindern. So zeigen Untersuchungen in mehreren Altenheimen, dass helles Licht Wohlbefinden und Aktivität der Bewohner positiv beeinflusst. Dabei spielt vor allem der kurzwellige Blauanteil des Lichts eine wichtige Rolle. Er aktiviert Zellen unter der Netzhaut, von deren Existenz Forscher erst seit dem Jahre 2002 wissen. Die als "retinale Ganglienzellen" bezeichneten Strukturen spielen für das Sehen an sich keine Rolle, registrieren jedoch die Helligkeit der Umgebung. Auf diese Weise erfährt die "innere Uhr", wann die Sonne auf- und wann sie untergeht.
Die innere Uhr fein justieren
Ihre Arbeit verrichten diese Ganglienzellen mithilfe eines Eiweißes namens Melanopsin. Blaues Licht mit einer bestimmten Wellenlänge aktiviert es und beeinflusst dann unter anderem Körpertemperatur, Herzfrequenz und Blutdruck. Der Mensch fühlt sich wach und leistungsfähig. Ein kluger Schachzug der Natur. Der Blauanteil des Sonnenlichts nimmt im Laufe des Vormittags zu und verringert sich zum Abend hin. Die Blaulicht-Zellen mit Melanopsin reagieren so fein abgestimmt, dass blaues Licht die innere Uhr deutlich effizienter beeinflusst als weißes.
Die theoretischen Erkenntnisse der Wissenschaftler fanden bei den Untersuchungen in Altenheimen ihre praktische Bestätigung: Werden Standardleuchten durch solche mit einem höheren Blauanteil ausgetauscht, sprechen die Heimbewohner mehr miteinander und bringen sich aktiver in das Gemeinschaftsleben ein. Zudem lassen Unruhezustände nach, und der Tag-Nacht-Rhythmus der Senioren kommt wieder ins Lot.
Breiter Einsatz noch Zukunftsmusik
Um von den positiven Lichteffekten am besten profitieren zu können, eignen sich sogenannte volldynamische Beleuchtungen am besten. Diese Lampen verändern ihre Lichtzusammensetzung im Verlaufe des Tages. Bislang werden derartige Systeme aber noch nicht flächendeckend eingesetzt.
Apothekerin Isabel Weinert