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22.07.2024
Das Risiko der Schüler, im späteren Leben eine psychische Störung zu entwickeln, hing von den Mitschülern ab: Je mehr Klassenkameraden unter einer diagnostizierten psychischen Erkrankung litten, desto höher stieg das eigene Risiko. Am deutlichsten zeigte sich das bei Stimmungs-, Angst- und Essstörungen, schreibt das Team in der Fachzeitschrift „JAMA Psychiatry“.
„Der beobachtete Zusammenhang konnte nicht durch Faktoren erklärt werden, die mit den Eltern, der Schule und der Wohngegend zu tun haben“, sagte einer der beteiligten Wissenschaftler, Professor Christian Hakulinen von der Universität Helsinki. Ihm zufolge hätten frühere Studien ähnliche Ergebnisse erbracht: Amerikanische Forscher hätten beispielsweise Hinweise darauf gefunden, dass depressive Symptome in sozialen Netzwerken von einer Person zur anderen übertragen werden können. Der Begriff „soziale Netzwerke“ bezeichnet in diesem Fall keine Internetplattformen, sondern Gruppen von Menschen im richtigen Leben wie die hier untersuchten Schulklassen.
Frühzeitig Probleme erkennen und eingreifen
Hakulinen weist jedoch darauf hin, dass in der Studie nicht untersucht wurde, wie psychische Störungen von Mensch zu Mensch übertragen werden könnten. „Es ist zum Beispiel möglich, dass die Hemmschwelle, Hilfe für psychische Probleme zu suchen, sinkt, wenn man eine oder mehrere Personen in seinem sozialen Netzwerk hat, die bereits Hilfe für ihre Probleme gesucht haben“, erklärt er. An der Studie nahmen insgesamt 713.809 finnische Bürger teil, die zwischen 1985 und 1997 geboren wurden.
Laut Hakulinen haben in den letzten Jahren vor allem Angst- und Stimmungsstörungen bei jungen Menschen zugenommen. Diese Problematik ist oft langanhaltend: Frühere Studien hätten gezeigt, dass in etwa der Hälfte aller Fälle psychische Störungen im Erwachsenenalter auftreten, wenn bereits in der Jugend Probleme bestanden. Hakulinen betont daher die Bedeutung von Präventionsmaßnahmen und frühzeitigem Eingreifen. Dabei lohne es sich zu berücksichtigen, dass psychische Störungen von einem Jugendlichen auf einen anderen übergehen können. Vorsorge und Therapien, die Einflüsse von Gleichaltrigen auf die psychische Gesundheit im frühen Kindesalter berücksichtigen, könnten dafür sorgen, dass psychische Störungen in der Gesellschaft erheblich seltener auftreten.
Quelle: DOI 10.1001/jamapsychiatry.2024.1126