25.11.2016
Leistungsdruck auf der Arbeit, private Verpflichtungen, hohe eigene Ansprüche und ständige Erreichbarkeit: Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland fühlt sich gestresst. Damit steigt auch das Risiko für psychische Erkrankungen. Darauf weisen Psychiater der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) auf einem Fachkongress in Berlin hin.
In vielen Fällen hänge Stress den Experten zufolge mit den modernen Lebensumständen zusammen. Immer mehr Menschen leben in Großstädten, die Arbeitsdichte im Job nimmt zu, neue Technologien durchdringen unseren Alltag: „All das beeinflusst unser Denken, unsere Emotionen und unser Verhalten. Überforderung und Stressanfälligkeit können die Folge sein und unsere psychische Gesundheit negativ beeinflussen“, stellt DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth auf dem Jahreskongress der Fachgesellschaft fest. So kommen Depressionen oder Angststörungen in Städten zum Beispiel deutlich häufiger vor als auf dem Land. „Studien haben gezeigt, dass das Gehirn von Großstädtern bei negativem Stress deutlich empfindlicher reagiert als das von Landbewohnern“, so Hauth weiter. Das stressige Umfeld aktiviere im Gehirn die sogenannte Amygdala. Diese übernehme die Funktion eines Gefahrensensors und löse Reaktionen wie Furcht oder Angst aus. Eine Überaktivierung dieser Amygdala sei auf Dauer mit der Entstehung von Depressionen und Angsterkrankungen verknüpft.
Die Experten auf dem DGPPN-Kongress identifizieren noch eine Reihe weiterer Risikofaktoren für psychische Erkrankungen. So falle es heute vielen Menschen schwer, den digitalen Reizen zu widerstehen. Die exzessive Nutzung von Computer und Internet könne sich jedoch schwerwiegend auf das Leben der Betroffenen auswirken. Sozialer Rückzug, Probleme am Arbeitsplatz, Depressionen und andere psychische Erkrankungen seien dann die Folge. Gleichzeitig setzen sich gerade viele junge Menschen mit ihren eigenen hohen Erwartungen unter großen Stress. „Wir wissen heute, dass für die Entstehung psychischer Erkrankungen sowohl biologische Faktoren – etwa genetische Belastungen oder Stoffwechselveränderungen im Gehirn – als auch familiäre Bedingungen, belastende Lebenserfahrungen und weitere Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Hier besteht ein großes Potenzial, um neue präventive und therapeutische Ansätze zu entwickeln“ so Hauth.
DGPPN/NK