23.06.2017
Ein gutes Gedächtnis definiert sich für die meisten dadurch, dass man sich an viele Informationen über einen langen Zeitraum erinnert. In einem neuen Review stellen kanadische Wissenschaftler jedoch nun die These auf, dass das Vergessen für ein gutes Gedächtnis genauso wichtig ist wie das Erinnern.
„Wir haben in neueren Forschungsarbeiten viele Hinweise gefunden, dass es Mechanismen im Gehirn gibt, die das Vergessen unterstützen und dass sie sich von jenen unterscheiden, die an der Speicherung von Informationen beteiligt sind“, sagt Paul Frankland von der University of Toronto. Einer dieser Mechanismen ist die Schwächung oder Eliminierung von synaptischen Verbindungen zwischen Nerven, in denen Erinnerungen gespeichert sind. Ein anderer sei die Entstehung neuer Nerven aus Stammzellen, so die Forscher. Durch die neuen Verbindungen werden offenbar Erinnerungen überschrieben.
Doch warum sollte das Gehirn wertvolle Ressourcen darauf verwenden, Erinnerungen zu löschen? Eine mögliche Antwort darauf geben die Forscher in der Fachzeitschrift Neuron. Sie glauben, dass uns das Zusammenspiel von Erinnern und Vergessen im Gehirn dazu bringt, intelligentere Entscheidungen zu treffen. So erlaube uns das Vergessen, flexibler zu sein und uns an neue Situationen leichter anzupassen, indem es den Einfluss veralteter und möglicherweise irreführende Informationen verringere. Das Vergessen hilft den Wissenschaftlern zufolge darüber hinaus bei der Entscheidungsfindung, indem es die Gewichtung vergangener Ereignisse verändert. Die Aufgabe eines guten Gedächtnisses sei demnach nicht per se, möglichst genaue Informationen über eine lange Zeit zu bewahren. Vielmehr bestehe sie darin, uns dabei zu helfen, intelligente Entscheidungen zu treffen, indem es nur die wichtigsten Informationen behalte.
HH