02.07.2018
Die große Mehrheit der Deutschen geht auch krank zur Arbeit. Wie eine Studie der Schwenninger Krankenkasse zeigt, kommen 83 Prozent „oft zur Arbeit“, obwohl es ihnen gesundheitlich nicht gut geht. Wer sich krank ins Büro schleppt, gefährdet nicht nur die eigene Gesundheit, sondern setzt unbewusst auch Kollegen unter Druck.
„Viele Mitarbeiter verordnen sich selbst im Krankheitsfall eine Art Anwesenheitspflicht", sagt Dr. Tanja Katrin Hantke, Gesundheitsexpertin der Schwenninger. Dieses Phänomen werde unter Ärzten auch „Präsentismus genannt. „Präsentismus ist in unserer Gesellschaft mittlerweile weiter verbreitet als das absichtliche Blau machen im Job", sagt Hantke. Das belegt auch die Studie: Nur 18 Prozent der Befragten haben in den letzten zwölf Monaten an mindestens einem Tag die Arbeit geschwänzt - verglichen mit 83 Prozent, die "oft krank zur Arbeit gehen".
Wer krank zur Arbeit gehe, gefährde damit nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die seiner Kollegen. Zudem könnten die Kollegen das Gefühl bekommen, im Krankheitsfall ebenfalls Präsenz zeigen zu müssen. „Hier bedarf es einer klaren Ansage durch die Chef-Etage", sagt Hantke. "Wer krank ist, hat zu Hause zu bleiben. Auch Homeoffice ist dann tabu." Pflichtgefühl werde an dieser Stelle falsch interpretiert: Man habe im Krankheitsfall die Pflicht, sich selbst zu schonen, aber auch an Kollegen zu denken, die nicht leichtsinnig angesteckt werden sollten.
Für den Arbeitgeber ist Präsentismus zudem eher ein Verlust als ein Gewinn. Laut Schätzungen einer Studie der Felix-Burda-Stiftung kostet ein Mitarbeiter, der krank zu Hause bleibt, die Firma im Schnitt 1.200 Euro pro Jahr. Geht er dagegen krank zur Arbeit, verliert das Unternehmen sogar 2.400 Euro: erstens durch krankheitsbedingte Leistungseinbußen und zweitens durch einen längeren Krankheitsverlauf. Steckt er dann noch weitere Kollegen an, multiplizieren sich die Kosten entsprechend.
NK