Dr. Karen Zoufal
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04.01.2021
In menschlichen Zivilisationen und entlang von Handelswegen breiteten sich die Pocken aus und verursachten im Mittelalter in Europa häufig Epidemien. Durch die Kolonialisierung gelangten sie nach Afrika, Australien und Nordamerika. Die Pocken forderten über mehrere Jahrhunderte hinweg mehr Menschenleben als jede andere Infektionskrankheit – selbst an Pest und Cholera sind nicht so viele Menschen gestorben. Ein Drittel der Überlebenden erblindete, und viele weitere wurden durch Narben entstellt. Mittlerweile ist die Krankheit seit mehr als vierzig Jahren ausgerottet.
Zwischen 1664 und 1930, also fast 300 Jahre lang, führten Beamte in London jede Woche sorgfältig Buch über das Pockensterben. Eine Auswertung von mehr als 13.000 digitalisierten Wochenberichten zeigte, dass eine bessere Kontrolle des Virus zu weniger Pockentoten führte.
In den frühen Aufzeichnungen kam es sporadisch zu Ausbrüchen. Um 1770 nahmen diese zu, als eine gefährliche Vorform der Pockenimpfung, die sogenannte Variolation, populär wurde. Dabei wurden geringe Mengen von Pockenviren aus dem Schorf der Pusteln von Erkrankten in die Haut gerieben oder geschnupft – mit dem hohen Risiko einer Erkrankung.
Nachdem eine weitaus sicherere Impfung zur Verfügung stand, wurde das Ausmaß der Epidemien ab 1810 geringer, es kam aber immer noch häufig zu Ausbrüchen. Eine besonders große Epidemie in den 1830er-Jahren in London breitete sich auch auf Europa aus. Dies gab den Anstoß für Englands ersten Impfakt im Jahr 1840: Jeder, der wollte, konnte sich kostenlos impfen lassen. Gleichzeitig wurde die riskante Variolation verboten. Mit steigenden Impfraten gingen die Todesfälle zurück.
In den Jahren um 1934 wurden in London nur noch vereinzelt Todesfälle durch Pocken gemeldet. „Es ist klar, dass die Einführung der Pockenimpfung die Ausrottung ermöglichte“, sagte Olga Krylova von der kanadischen McMaster University. Später wurden die Pocken binnen eines Jahrzehnts durch eine erfolgreiche globale Kampagne der Weltgesundheitsorganisation komplett beseitigt.
Quelle: DOI 10.1371/journal.pbio.3000506