27.10.2015
Medikamente, die den Blutdruck oder Blutzucker senken, sollen auf lange Sicht helfen, Folgeschäden zu vermeiden. Zwei neue Studien legen jetzt jedoch nahe, dass es gerade für sehr alte Menschen sinnvoll sein könnte, die Dosierung zurückzufahren oder die Medikamente sogar ganz zu stoppen.
Bei Senioren über 70 und älter könnten ein sehr niedriger Blutdruck und niedrige Blutzuckerwerte das Risiko für Schwindelanfälle, Verwirrung und Stürze erhöhen, sagen US-Forscher von der University of Michigan. Seit einiger Zeit raten Experten daher dazu, die Behandlung von Bluthochdruck und Diabetes besonders bei älteren, gebrechlichen Menschen, die noch weitere Erkrankungen haben, zurückzufahren.
Dies ist jedoch häufig nicht der Fall, wie die Forscher im Rahmen zweier Studien zeigen konnten. Eine davon kam zu folgendem Ergebnis: Nur bei einem von vier der fast 400.000 Patienten, für die eine geringere Menge von Arzneimitteln geeignet gewesen wäre, wurde die Dosierung tatsächlich heruntergefahren. Dies berichten die Forscher in der Fachzeitschrift JAMA Internal Medicine.
Viele Ärzte gaben an, dass sie die Sorge hätten, eine Verringerung der Medikamente würde dem Patienten schaden. Richtlinien für Ärzte zeigten meist nur auf, wie solche Arzneimittel verschrieben werden sollen und wie die Behandlung intensiviert oder neue Medikamente hinzugenommen werden können. Dies berichtet Jeremy Sussman, einer der Studienleiter. Am Ende des Lebens werde von einer „personalisierten Behandlung“ gesprochen. Aus dem Blick gerät dabei leicht, dass die Medikamente, die Blutdruck und den Blutzucker kontrollieren, Patienten langfristig helfen sollen. Über Jahre gesehen senken sie zwar das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Nervenschäden oder Amputationen. Gerade bei sehr alten Menschen mit mehreren Krankheitsbildern sollte man den Forschern zufolge jedoch den langfristigen Nutzen gegen die kurzfristigen Risiken der Medikamente, die mit zunehmendem Alter ansteigen, abwägen.
HH