Dr. Frank Schäfer
Bisher gibt es keine eindeutige Erklärung, warum immer mehr ältere Menschen eine Allergie etwa gegen Pollen entwickeln. So sieht es auch Allergie-Experte Professor Dr. Thomas Fuchs von der Hautklinik der Universitätsmedizin Göttingen und betont: "Häufig ist man geneigt, Allergiebeschwerden wie eine laufende Nase, Juckreiz und eine entzündete Augenbindehaut bei älteren Patienten falsch zu interpretieren. Hausärzte führen das immer wieder auf Viruserkrankungen zurück. Doch wenn solche Beschwerden im Alter erstmalig auftreten, und im darauffolgenden Jahr in der gleichen Zeit noch mal, spricht viel für eine allergische Rhinokonjunktivitis."
Wichtig ist eine gute Diagnostik
Um Betroffene korrekt zu behandeln, steht für Fuchs eines ganz im Mittelpunkt: eine gute Diagnostik mit Blutuntersuchungen sowie mit Haut- und Provokationstests. Dabei setzt man Patienten kontrolliert möglichen Allergieauslösern aus. Bei Blutuntersuchungen geht es vor allem darum, spezifische Antikörper nachzuweisen, also Immunglobulin E etwa gegen Beifuß-, Gräser- oder Birkenpollen oder auch gegen Schimmelpilzsporen. "An die wird häufig nicht gedacht – dass sie das ganze Jahr über umherfliegen und Schnupfenbeschwerden machen können", informiert der Experte. "Allergologen, also Fachärzte mit einer zusätzlichen allergologischen Ausbildung, sind hier zu einer guten Diagnostik in der Lage."
Die Krux sieht Fuchs darin, an entsprechende Arzttermine zu kommen. "Wer aber aktuell Beschwerden hat, braucht rasch Hilfe. Doch es gibt auch in diesem Bereich einen eklatanten Mangel an ärztlichem Personal." Hier steht für ihn die Politik in der Pflicht.
Bei der Behandlung gibt es zwischen älteren und jüngeren Patienten keine Unterschiede. Wirkstoffe aus der Gruppe der Antihistaminika in Form von Tabletten oder Augen- und Nasensprays können die Symptome lindern. Doch Fuchs setzt eher auf eine andere Wirkstoffgruppe: "Wenn klar ist, dass eine allergische Entzündung an Nasenschleimhäuten abläuft, behandele ich mit lokal eingesetzten kortisonhaltigen Arzneimitteln wie Mometason- oder Budesonid-Nasensprays und erziele damit sehr gute Erfolge."
Um eine Allergie sozusagen an der Wurzel zu packen, also die Überreaktion des Immunsystems auf an sich harmlose Reize wie etwa Pollen zu dämpfen, kann man gegen einige Allergieauslöser die sogenannte spezifische Immuntherapie einsetzen. In Form von Tropfen, Schmelztabletten oder Spritzen gibt man dabei Allergene in zunehmender Menge, und das in der Regel über drei Jahre. In dieser Zeit "gewöhnt" sich das Immunsystem an diesen Reiz und reagiert kaum oder gar nicht mehr darauf. "Vom Prinzip her funktioniert das bei älteren Menschen genauso wie bei jüngeren", erläutert Fuchs. "Die Therapie wird meines Erachtens viel zu selten angewendet. Es gibt genügend Präparate auf dem Markt, die sehr gut wirken." Bei einigen zusätzlich vorliegenden alterstypischen Erkrankungen aber kann man die Behandlung nicht durchführen, zum Beispiel bei schlecht kontrolliertem Bluthochdruck, mittel- bis schwergradigem Asthma oder schweren Herz-Kreislauf-Leiden. Das muss man jedoch im Einzelnen mit dem Arzt besprechen.
Asthma als Spätfolge einer Allergie
Keinesfalls sollte man Allergien zu leicht nehmen und lange unbehandelt lassen. Als Spätfolge kann bei Beteiligung der Atemwege allergisches Asthma auftreten, gibt Fuchs zu Bedenken. "Das ist womöglich sogar das, was zuerst auffällt. Denn ein älterer Mensch mit tropfender Nase geht nicht unbedingt gerne zum Arzt. Dort muss er warten und fürchtet, sich bei anderen im Wartezimmer zusätzlich anzustecken. So bleibt er mit Schnupfen also lieber zu Hause, und die mögliche Allergie wirkt unerkannt im Verborgenen. Und plötzlich hat der Betroffene dann Luftnot, geht erst jetzt zum Arzt, der dann allergisches Asthma feststellt."
Am besten ist es also, wiederholte saisonale Schnupfenbeschwerden wie eine laufende, juckende Nase, häufiges Niesen sowie gerötete, entzündete Bindehäute der Augen frühzeitig ärztlich klären zu lassen.