NK
|
21.07.2022
Die Alzheimer-Krankheit hat einen 15 bis 20 Jahre langen symptomfreien Verlauf, bevor erste Anzeichen wie Gedächtnisprobleme auftreten. Mithilfe einer neu entwickelten Technologie konnten Forscher aus Bochum Alzheimer bis zu 17 Jahren im Voraus im Blut identifizieren. Die Wissenschaftler hoffen, die Krankheit in Zukunft so frühzeitig behandeln zu können, dass sie nicht ausbricht.
Die Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum analysierten für die Studie das Blutplasma von Testpersonen auf Alzheimer-Biomarker. Die Blutproben waren in den Jahren 2000 bis 2002 entnommen und dann eingefroren worden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Teilnehmer zwischen 50 und 75 Jahre alt und hatten kein Alzheimer. In der Nachbeobachtungszeit von 17 Jahren wurde bei 68 Personen Alzheimer festgestellt. Bei ihnen untersuchten die Forscher, ob sich in den Blutproben zu Beginn der Studie bereits Anzeichen für eine Alzheimer-Erkrankung finden ließen. Als Vergleichsgruppe dienten 240 Kontrollpersonen ohne eine solche Diagnose.
Das Ergebnis: Mit dem neu entwickelten Immuno-Infrarot-Sensor konnten die 68 später an Alzheimer erkrankten Probanden mit einer hohen Testgenauigkeit identifiziert werden. Der Sensor detektiert die Fehlfaltung des Proteinbiomarkers Amyloid-beta. Im weiteren Verlauf der Krankheit verursacht diese Fehlfaltung charakteristische Ablagerungen im Gehirn, sogenannte Plaques.
Die Studienergebnisse könnten die Möglichkeit eröffnen, Alzheimer-Medikamente künftig sehr früh einzusetzen – lange bevor erste Symptome auftauchen und das Gehirn bereits geschädigt ist. So kann etwa das im Jahr 2021 in den USA zugelassene Medikament Aduhelm nachweislich Amyloid-beta-Plaques im Frühstadium abbauen. Allerdings haben bisherige Studien nur einen geringen Effekt auf die klinischen Symptome wie Gedächtnisverlust und Orientierungslosigkeit erzielt. Die europäische Arzneimittelbehörde entschied daher, das Medikament in Europa nicht zuzulassen. „Bisher scheiterten reihenweise klinische Studien für Alzheimer-Medikamente offenbar an dem zu späten Zeitpunkt für die Therapieansätze, weil die in den Studien eingesetzten etablierten Plaque-Tests die Erkrankung offensichtlich nicht rechtzeitig anzeigen“, erklärt Prof. Dr. Klaus Gerwert, Gründungsdirektor des Zentrums für Proteindiagnostik (PRODI) der Ruhr-Universität Bochum. Das Forscherteam hofft daher, dass eine frühe Diagnose mithilfe des Sensors helfen könnte, Alzheimer-Medikamente in Zukunft so rechtzeitig einsetzen zu können, dass sie deutlich besser wirken.