28.02.2018
Angst schützt den Menschen vor Gefahren. Das gilt sogar für eine krankhaft verstärkte Angst, wie ein Team der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München herausgefunden hat. Patientinnen, die allgemein unter Ängsten leiden, nehmen Symptome eines Herzinfarkts früher ernst und lassen sich schneller behandeln. Das verbessert ihre Überlebenschance.
In akuten Notsituationen ist Angst seit Urzeiten ein wirkungsvoller Schutzmechanismus. Dass sogar eine Angststörung bei einem Herzinfarkt helfen kann, fand ein Team um Prof. Karl-Heinz Ladwig von der TUM und dem Helmholtz Zentrum München heraus. In einer Studie mit Infarktpatienten ohne und mit Angststörung zeigte sich, dass Letztere schon 112 Minuten nach Infarktbeginn die Klinik erreichten, während die Vergleichsgruppe rund zwei Stunden länger brauchte. Viele wissenschaftliche Studien haben zeigen können, dass bei einem akuten Herzinfarkt schon jede halbe Stunde für das Überleben entscheidend ist, erklärt Ladwig. Diesen schützenden Effekt einer Angsterkrankung konnte das Team allerdings nur bei Frauen und nicht bei Männern statistisch verlässlich nachweisen. Bei Männern war aber ebenfalls ein positiver Trend zu erkennen: Sie ließen sich im Durchschnitt 48 Minuten früher behandeln.
„Angstgestörte Menschen können häufig sensibler auf ihre gesundheitlichen Bedürfnisse reagieren. Das sollten Ärztinnen und Ärzte auch immer sehr ernst nehmen“, sagt Ladwig. Sie seien auch entscheidungsstärker, wenn es um das Annehmen von Hilfe geht. So könne eine Krankheit auch helfen, vor einer anderen schweren Erkrankung zu schützen. Allerdings, auch das zeigte die Studie, sind die seelischen Kosten für diesen Überlebensvorteil hoch: Angstpatienten leiden deutlich mehr als die nichtbelastete Vergleichsgruppe unter Stress, extremer Müdigkeit und eingeschränktem allgemeinen Wohlbefinden.
Für die Untersuchung nutzten die Forscher Daten von 619 Infarktpatienten, die noch im Krankenhaus innerhalb von 24 Stunden nach Verlassen der Intensivstation befragt und weitere Daten wie die Ankunftszeit in der Klinik und der Krankheitsverlauf erhoben wurden. Rund 12 Prozent der Erkrankten in der Studie litten unter einer Angststörung.
NK