01.08.2017
Asbestfasern sind in der Lunge noch fast 40 Jahre nach dem Kontakt in derselben Menge nachweisbar. Das zeigt die Auswertung eines weltweit einzigartigen Datensatzes des Deutschen Mesotheliomregisters am Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Dieser enthält Messergebnisse der Asbestkonzentration in der Lunge ein- und derselben Menschen, die im Abstand von 4 bis 21 Jahren gewonnen wurden.
Der Stoff Asbest macht seinem Namen alle Ehre: Altgriechisch steht das Wort „Asbestos“ für „unvergänglich“. Die über 30 Jahre durchgeführten Lungenstaubanalysen zeigen nun die Biobeständigkeit von Asbest auch für die menschliche Lunge. „Die Asbestkonzentration in der Lunge blieb über diesen langen Zeitraum von fast 40 Jahren stabil und somit nachweisbar“, sagt Studienautorin Inke Feder. Während in die Lunge eingedrungene Fremdpartikel normalerweise durch Flimmerhärchen abgefangen, zurück in die Atemwege transportiert und ausgehustet werden, können feine Fasern wie Asbest bis tief in die Lungenbläschen vordringen. Als Reaktion der Lunge bilden sich Vernarbungen mit den darin eingelagerten Stäuben, die sogenannte Asbestose, aus der Krebs entstehen kann. Ein typischer asbestbedingter Tumor ist das Mesotheliom, das unter anderem das Rippenfell betrifft. Aber auch Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs und Eierstockkrebs können durch Asbest verursacht werden. Deswegen darf der Stoff seit 1993 in Deutschland und seit 2005 in der Europäischen Union nicht mehr verwendet werden.
Die Zeit zwischen dem ersten Asbestkontakt und dem Ausbruch einer asbestbedingten Erkrankung kann 10 bis 60 Jahre betragen. Da sich die Behandlungsmöglichkeiten stark unterscheiden, ist es wesentlich, asbestbedingte Erkrankungen von anderen zu trennen. Eine nicht durch Asbest verursachte Lungenfibrose zum Beispiel ist mit Medikamenten behandelbar, die für Asbestosen nicht zugelassen sind, da bisher keine Wirksamkeit gezeigt werden konnte. Im Röntgenbild seien nicht asbestbedingte Lungenfibrosen von einer Asbestose aber kaum zu unterscheiden. Daher sei es von zentraler Bedeutung, dass Asbestfasern im Lungengewebe nach so langer Zeit noch nachweisbar sind. Nicht zuletzt sei die Frage der Nachweisbarkeit von Asbestfasern in der Lunge auch entscheidend dafür, wie man das Risiko durch Asbest am Arbeitsplatz bewertet. Daraus folge die Entscheidung, ob eine Lungenerkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann, sodass die Betroffenen Anspruch auf eine Entschädigung haben.
RUB/NK