Nach bisherigem Stand bekommen Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen in der Regel keine apothekenpflichtigen, rezeptfreien Arzneimittel bezahlt. Erstattet werden diese Medikamente lediglich für Kinder bis zum vollen deten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Außerdem gibt es eine Ausnahmeliste nicht mehr rezeptpflichtiger Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten und vom Arzt verordnet werden können.
Nun soll wieder mehr möglich sein. Durch das sogenannte GKV-Versorgungsstrukturgesetz haben Krankenkassen seit Anfang diesen Jahres prinzipiell die Möglichkeit,ihren Mitgliedern zusätzliche Leistungen anzubieten. Das gilt beispielsweise für die Kostenerstattung im Bereich der Vorsorge und Rehabilitation oder auch für die Erstattung rezeptfreier Arzneimittel aus der Apotheke. Zu den Satzungsleistungen gehören laut Gesetzgeber Zusatzangebote an Krankenversicherte, die gesetzliche Krankenkassen in eigener Verantwortung machen können. Sie sollen den Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen fördern.
Laut Neuregelung dürfen sie nun rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel im Rahmen von Satzungsleistungen erstatten. Das gilt nur für solche Arzneimittel,die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) davon nicht ausgeschlossen hat. Weiterhin nicht erstattet werden dürfen beispielsweise Lifestyle-Medikamente wie bestimmte Appetitzügler oder Haarwuchs mittel. Dagegen dürfen beispielsweise viele Naturarzneimittel, etwa gegen Erkältungsbeschwerden, nun wieder übernommen werden, wenn es die Krankenkasse als Satzungsleistung anbietet.
Wie und wofür genau die Rückerstattung möglich sein soll, legen die Krankenkassen im Einzelnen fest. Doch bisher reagieren diese sehr zurückhaltend mit entsprechenden Angeboten. Bis Redaktionsschluss gab es nur wenige, zum Beispiel von der Techniker Krankenkasse (TK) und der Hanseatischen Ersatzkasse. Die TK übernimmt als Satzungsleistung die Kosten für homöopathische, pflanzliche oder anthroposophische Arzneimittel, sofern ein Privatrezept oder ein Grünes Rezept des Arztes vorliegt. Der Versicherte geht in Vorleistung, reicht sein Rezept ein und bekommt die Kosten erstattet, dies aber nur bis zu einer Höchstgrenze von 100 Euro pro Versichertem und Kalenderjahr. Die Satzungsleistung gilt für alle Versicherten, Zusatz kosten entstehen für sie nicht.
Betriebs- und Innungskrankenkassen denken nach Auskunft ihrer Spitzenverbände über ähnliche Angebote nach. Auch die AOK in Baden Württemberg prüft derzeit, ob sie entsprechende Satzungsleistungen anbieten möchte. Von einigen Kassen gibt es bereits länger Wahltarife für eine Kostenübernahme beispielsweise von Naturarzneimitteln. Diese Tarife kann man zusätzlich zum normalen Versicherungsschutz abschließen, muss dann allerdings dafür einen zusätzlichen Beitrag leisten.
Dr. Frank Schäfer