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19.01.2022
In zwölf klinischen Studien mit Covid-19-Impfstoffen hatten je etwa 22.000 Personen den Impfstoff beziehungsweise ein wirkstofffreies Placebo erhalten. 46 Prozent der Impfstoffempfänger hatten nach der ersten Impfung mindestens eine systemische Impfreaktion wie Fieber, Kopfschmerzen oder Müdigkeit. Zwei Drittel hatten Symptome an der Einstichstelle wie Schmerzen, eine Rötung oder Schwellung. Zumindest einige dieser Impfreaktionen dürften auf einem Placebo-Effekt beruhen, denn viele dieser Effekte gab es auch in der Kontrollgruppe: Mehr als 35 Prozent der Placebo-„Geimpften“ hatten systemische Nebenwirkungen und 16 Prozent lokale Symptome. Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass 76 Prozent aller systemischen Nebenwirkungen in der Impfstoffgruppe auf das Konto des Placebo-Effektes gehen könnten. Bei der zweiten Impfung waren es etwa 52 Prozent.
Der Placebo-Effekt ist ein bekanntes Phänomen, bei dem sich die Gesundheit einer Person verbessert, nachdem sie eine Behandlung ohne Wirkstoff bekommen hat – zum Beispiel eine Zuckerpille oder eine Spritze mit Kochsalzlösung. Im Falle der Impfreaktion handelt es sich streng genommen um einen Nocebo-Effekt. Er tritt auf, wenn eine Person nach einer Behandlung ohne Wirkstoff unangenehme Nebenwirkungen hat: Eine Zuckerpille, die Übelkeit verursacht, oder eine Spritze mit Kochsalzlösung, die müde macht.
„Unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen und Müdigkeit – von denen wir gezeigt haben, dass sie besonders noceboempfindlich sind – werden in vielen Informationsbroschüren als häufigste Nebenwirkungen nach der Covid-19-Impfung genannt. Diese Art von Informationen kann dazu führen, dass Menschen allgemeine tägliche Empfindungen fälschlicherweise dem Impfstoff zuordnen, oder dass sie Angst und Sorge hervorrufen, was die Menschen für körperliche Gefühle in Bezug auf Nebenwirkungen überempfindlich macht“, erklärte der Placebo-Forscher Prof. Ted J. Kaptchuk von der Harvard Medical School.
Quelle: DOI 10.1001/jamanetworkopen.2021.43955