Dr. Karen Zoufal
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04.11.2021
Im Mund tummeln sich mindestens 700 verschiedene Bakterienarten. Kommt es unter ihnen zu einem Ungleichgewicht, so können einige davon Zahnfleischerkrankungen, Parodontose und andere Infektionen verursachen. Die Belege dafür, dass diese Erkrankungen sich auch auf andere Teile des Körpers einschließlich Gehirn und Herz auswirken, mehren sich: Immer mehr Forschungsergebnisse deuten an, dass Zahnfleischerkrankungen als Warnsignal dienen könnten.
„Es überrascht die Leute, dass der Mund beeinflusst, was im Rest des Körpers vor sich geht“, sagte Prof. Ryan Demmer von der Universität Minnesota. Er leitete eine Studie, in der gezeigt wurde, dass Menschen mit Zahnfleischerkrankungen in der Mitte des Lebens mit größerer Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten 20 Jahre Demenz oder eine leichte geistige Beeinträchtigung entwickelten – unter denjenigen mit schwerer Parodontose waren es doppelt so viele. Auch das Risiko für Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen und Schlaganfall steigt deutlich. Ob die Infektionen im Mund die chronischen Krankheiten verursachen, zu ihrer Entstehung beitragen oder den Körper nur anfälliger machen, bleibt unklar.
Man nimmt an, dass der Effekt durch systemische Entzündungen entsteht: Ein Ungleichgewicht von guten und schlechten Bakterien im Mund könnte die Konzentration bestimmter Botenstoffe im Blut erhöhen und eine Immunantwort auslösen, die eine geringgradige Entzündungsreaktion im Körper hervorruft. Diese könnten eine Rolle bei der Entwicklung von Herzerkrankungen, Schlaganfall und Demenz spielen.
Laut einer anderen Theorie produzieren nützliche Bakterien in Mund und Darm aus Nitraten, die in Lebensmitteln wie Blattgemüse enthalten sind, Stickstoffmonoxid. Dieser trägt zur Gesundheit der Blutgefäße bei und wirkt sich positiv auf den Blutdruck aus. Bluthochdruck erhöht das Demenzrisiko und ist eine der Hauptursachen für Herzerkrankungen und Schlaganfälle.
Quellen: DOI 10.1038/s41380-020-0736-2; 10.1016/j.jalz.2018.04.009