07.02.2013
Gemeint sind die sogenannten ESBL-produzierenden Bakterien. Diese Gruppe von Darmkeimen hat gegen die meisten Antibiotika einen simplen Trick entwickelt. Sie produzieren einfach ein Enzym, das das Antibiotikum spaltet und damit unwirksam macht.
Nur die harten bleiben
Unter gesunden Umständen und mit einem intakten Immunsystem merkt ein Mensch erstmal nicht, dass er Träger der ESBL-Keime ist. Allerdings verschiebt sich mit jedem Antibiotikum, das dieser Mensch einnimmt, die bakterielle Besiedlung der Darmschleimhaut ungünstig. Dabei sterben die "guten" Bakterien und die "bösen" bleiben übrig und nutzen den gewonnenen Freiraum zur massenhaften Vermehrung. Irgendwann sind es so viele, dass sie in einem schwachen Moment des Immunsystems vom Darm in sterile Körperbereiche wie Harnwege oder Lunge einwandern. Dort sind sie dann konkurrenzlos glücklich – zum Leidwesen des Menschen, der nun mit heftigen Infektionszeichen reagiert.
In der Bevölkerung schon weit verbreitet
Der Keim lebt mitten unter uns und in uns. Bereits 7 Prozent aller Schwangeren haben ihn und 3,5 Prozent der Neugeborenen. In Asien und Afrika ist er weiter verbreitet als in Europa. Daher die Vermutung: Viele Menschen importieren den Keim auf ihren Fernreisen.
Eine andere Untersuchung schreckt allerdings europäische Mediziner deutlich mehr auf. In den Niederlanden fand man in 25 Prozent allen Hühnerfleisches diesen Keim. Die Vermutung: Schuld ist der Einsatz unterdosierter Antibiotika bei der Tiermast.
Tiermast beschleunigt die Verbreitung
Warum machen die Landwirte das? Auch die Besiedelung des Tiergedärms mit Keimen ist ein von Natur aus sorgfältig ausbalanciertes Ökosystem. Manche Bakterien sorgen für die Futterverwertung, manche stoppen sie. Landwirte haben es mittlerweile gelernt, mit zielgenauer Antibiotikagabe dieses Bakteriensystem so zu beeinflussen, dass die Tiere Futter besser verwerten und schneller Fett ansetzen. Zu dem Preis, dass gerade diese Niedriggabe von Antibiotika langfristig erheblichen Schaden auf das Keim-Orchester im Darm hat.
Gegen ESBL wirken derzeit noch 4 Antibiotika unterschiedlich gut. Wie es werden könnte, wenn gar keines mehr wirkt, zeigt eine andere Keimgruppe, genannt CPE. Dagegen gibt es praktisch keine Therapie mehr, was für Kliniken bedeutet, die Träger schon bei der Einlieferung zu erkennen und zu isolieren.
Apothekerin Jutta Petersen-Lehmann