Apothekerin Katrin Schmitt
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01.12.2021
Das große Problem des Rotavirus-Infektes: der enorme Wasser- und Mineralstoffverlust durch starken Durchfall. Ohne Wasser kann der Körper seine Funktionen nicht aufrechterhalten. Für Kleinkinder ein lebensgefährlicher Zustand, denn sie können Wasserverluste schlecht ausgleichen.
Bis zum fünften Lebensjahr haben fast alle Menschen eine Infektion mit dem Rotavirus durchgemacht. Damit verursacht es weltweit die meisten und schwersten Magen-Darm-Erkrankungen bei Kleinkindern. Wie ich selbst in Kindertagen auch, kommen viele der jungen Patienten ins Krankenhaus. Neben dem heftigen Durchfall bestehen weitere Symptome wie Erbrechen und Fieber. Jedes zweite Kind leidet auch an einer Schniefnase und Husten. Die Beschwerden dauern etwa zwei bis sechs Tage an.
Erwachsene erkranken meist nur leicht
Je häufiger sich die Kleinen mit verschiedenen Unterarten des Virus anstecken, desto schwächer fallen die Symptome aus. Erwachsene bleiben oft ganz symptomfrei. Trotzdem können sie die Keime bis zu acht Tage lang übertragen – so lange wie sie Viren über den Stuhl ausscheiden. Die Krankheit bricht ein bis drei Tage nach Ansteckung aus. Hauptsaison haben die Viren von Februar bis April. Nach dem Infektionsschutzgesetz fallen Infektionen mit Rotaviren wie einige andere Magen-Darm-Erkrankungen unter die Meldepflicht.
Doch warum lösen diese Viren so leicht Infekte aus? Sie gelangen aus dem Stuhl Infizierter an Hände und Oberflächen und von dort in Mund und Darm des Nächsten. Nur gerade einmal zehn Viren reichen zur Ansteckung aus. Kranke mit Symptomen scheiden aber pro Stuhlgang das Millionenfache aus. Zum Vergleich: Es braucht mehr als 10.000 Salmonellen, um einen Menschen anzustecken. Zudem bleiben Rotaviren an den Händen mehrere Stunden infektiös, auf Oberflächen sogar Tage bis Wochen. Daher empfehlen Mediziner den Eltern kranker Kinder, die Hände nach dem Wickeln zu desinfizieren, bei etwas älteren Kindern regelmäßig auch die Klobrille. Nur Desinfektionsmittel mit der Bezeichnung "begrenzt viruzid plus" oder "viruzid" machen Rotaviren unschädlich. Entsprechende Präparate und Beratung zur Anwendung gibt es in der Apotheke.
Ein paar Tropfen gegen die Viren
Schwere Verläufe mit Krankenhausaufenthalt müssen heutzutage nicht mehr sein. Der Grund: Es gibt eine Impfung gegen Rotaviren, die zu 90 Prozent schützt. Sogar Frühchen profitieren von der Impfung. Seit 2013 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Schluckimpfung für Säuglinge ab der sechsten Woche. Zwei weitere Impfungen folgen, und zwar je nach Impfstoff bis spätestens zur 24. oder 32. Woche. Besser aber ist es, die Impfung früher abzuschließen. Es stehen zwei Lebendimpfstoffe zur Verfügung. Sie enthalten abgeschwächte Viren, die die Abwehrkräfte auf den krankmachenden Virus vorbereiten. Kritiker wenden ein, dass die Impfung eine Invagination auslösen kann – was aber extrem selten vorkommt. Dabei stülpt sich ein Teil des Darms in den folgenden Abschnitt ein. Treten bis zu sieben Tage nach der Impfung Anzeichen wie anhaltendes Erbrechen, vor Bauchschmerzen angezogene Beine oder Blut im Stuhl auf, sollten Eltern rasch zum Kinderarzt gehen. Wie bereits beschrieben, geschieht das aber sehr selten und kommt im Übrigen auch bei Ungeimpften vor. Das Robert Koch-Institut gibt das Risiko durch die Impfung selbst mit ein bis zwei Fällen pro 100.000 geimpften Kindern innerhalb einer Woche nach der ersten Impfung an. Da dabei das Alter des Säuglings eine Rolle spielt, empfiehlt die STIKO, die Impfserie möglichst frühzeitig zu beginnen und zügig durchzuführen.
Wichtig: Stillende Mütter legen idealerweise zwei Stunden vor und nach der Impfung eine Stillpause ein. Antikörper gegen Rotaviren in der Muttermilch könnten den Effekt der Impfung abschwächen. Der Impfschutz hält für etwa zwei bis drei Jahre an. Genauso lange, bis die kindlichen Abwehrkräfte stark genug sind, um sich selbst ausreichend gegen Rotaviren wehren zu können.