18.10.2016
Dorie leidet offenbar unter einer schweren Störung des Kurzzeitgedächtnisses, sagt Madeja. "In einer Szene wird das ganz deutlich: Dorie redet mit zwei Fischen, dreht sich kurz weg und als sie die beiden Fische wieder ansieht, spricht sie sie so an, als wären sie völlig unbekannt für sie." Eine solch extreme Störung gebe es beim Menschen, wenn auf beiden Seiten des Gehirns ein Teil der Hirnrinde, der Hippocampus, ausfalle. Menschen, die mit einer beidseitigen Hippocampussklerose geboren würden, hätten laut Madeja schwere Gedächtnisstörungen. Zusätzlich sind bei Dorie Erinnerungen an ihre Kindheit nur bruchstückhaft vorhanden – also hat auch ihr Langzeitgedächtnis Lücken.
Madeja: "Zumindest die Störung des Kurzzeitgedächtnisses dürfte bei Dorie ab der Geburt vorhanden gewesen sein. Genetische Ursachen, aber auch Geburtsschäden, also beispielsweise Sauerstoffmangel bei der Geburt, können zu einer Hippocampussklerose führen." Bei Dories Störungen des Langzeitgedächtnisses sei dagegen ein psychisches Trauma wahrscheinlicher, also das Vergessen aufgrund eines schockierenden Erlebnisses, hier wohl der plötzliche Verlust der Eltern.
Heilbar seien solche Kurzzeitgedächtnisstörungen in der Realität zurzeit noch nicht, sagt der Hirnforscher, doch "beim Vergessen aufgrund von psychischen Traumata kann man durch Psychoanalyse und andere Psychotherapien viel erreichen." Im Film helfen Dorie ihre Freunde, einen Teil ihrer Langzeiterinnerungen wiederherzustellen. Bei ihrem schwachen Kurzzeitgedächtnis gebe es weniger Möglichkeiten. " Dorie kann nur üben, um das Wenige, was sie an Gedächtnispotenzial hat, optimal zu nutzen", rät Madeja.
Für wie realistisch hält der Experte den medizinischen Aspekt des Films? Madeja: "Die Kombination der Gedächtnisstörungen gibt es so nicht." Dories Wechsel zwischen teilweise hervorragenden Kurzzeitgedächtnisleistungen und komplettem Versagen sei mehr durch den Spannungsbogen der Geschichte bestimmt. Eine realitätstreue Abbildung einer echten neurologischen Störung sei das nicht.
RF