10.11.2017
Immer mehr Patienten überleben dank moderner Intensivmedizin auch schwere Erkrankungen und Verletzungen. Aber wie geht es ihnen Monate oder Jahre später? Dazu untersuchten Wissenschaftler des Universitätsklinikums Jena (UKJ), wie häufig chronische Schmerzen bei mehr als 200 Patienten nach einer Intensivbehandlung auftraten und verglich diese mit gesunden Studienteilnehmern.
Das Ergebnis: Ein Drittel aller Überlebenden leidet auch noch ein Jahr nach der Entlassung unter bedeutsamen Schmerzen, die Alltagstätigkeiten, Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität teilweise erheblich beeinträchtigen. Dabei spielte es kaum eine Rolle, ob die Patienten während ihres Intensivaufenthaltes unter einer lebensgefährlichen Blutvergiftung litten oder nicht. Allerdings war der Entzündungswert CRP mit einem erhöhten Risiko für chronische Schmerzen nach einer Intensivbehandlung verbunden. In einem weiteren Teil des Projektes wurden Auffälligkeiten bei der Reizverarbeitung untersucht. Bei etwa der Hälfte aller Patienten zeigte sich eine ausgeprägte Fehlfunktion dünner Nervenfasern. Im Vergleich zu Patienten ohne diese Veränderungen berichtete diese Patientengruppe über mehr Schmerzen und einer geringeren Lebensqualität. „Ein frühes Screening auf diese Veränderungen könnte dazu führen, dass gefährdete Patienten erkannt und rechtzeitig behandelt werden“, sagt Projektleiter Philipp Baumbach.
Der letzte Teil der Untersuchung identifizierte weitere mögliche Risikofaktoren für chronische Schmerzen nach einer Intensivbehandlung, darunter vorbestehende Schmerzen, niedrigeres Alter, vor allem aber starke Schmerzen unmittelbar nach der Intensivbehandlung. „Diese Ergebnisse sind besonders interessant, denn sie ähneln unseren Befunden bei Operationsschmerzen“, so Seniorautor Winfried Meissner. Hier ist bekannt, dass die Gabe bestimmter Medikamente während und unmittelbar nach der Operation chronischen Schmerzen entgegenwirken kann. Sollten dieses Wissen übertragbar sein, könnten sich auch für Intensivpatienten neue Ansätze zur Vorbeugung chronischer Beschwerden eröffnen, so die Hoffnung der Forscher.
UKJ/NK