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31.10.2023
Was haben Menschen Angst?
Jan Michael Rasimus, Leiter des Eye Tracking-Labors der DHBW Karlsruhe: Angst ist eine Basis-Emotion von uns Menschen: Sie versetzt den Körper bei Gefahr blitzschnell in Alarmbereitschaft. In der Evolutionsgeschichte war es oft überlebenswichtig, bei plötzlichen Bedrohungen (zum Beispiel durch den Säbelzahntiger) sofort körperlich zu reagieren noch bevor eine Situation im Detail erfasst wurde. Dieses Notfallprogramm ist bis heute tief im Menschen verankert.
Woher kommt die Freude am Gruseln?
Rasimus: „Das Gruseln ist eine Ambivalenz zwischen einer vermeintlichen Gefahr bei gleichzeitig empfundener Sicherheit. So wird das Alarmsystem im Gehirn zwar gereizt, weil unsere Sinne Bedrohungen wahrnehmen, jedoch ist uns bewusst, dass wir die Situation jederzeit unter Kontrolle haben. Dieses Wechselspiel zwischen starker An- und Entspannung wird oft als Hochgefühl empfunden. Für viele Menschen ist das eine willkommene Stimulation zum sonst eher monotonen Alltag. In der Psychologie wird dies als „Angstlust“ bezeichnet und erklärt unter anderem auch die große Faszination für True Crime-Formate.“
Wieso wirken z.B. Clowns und Puppen gerade an Halloween so bedrohlich?
Rasimus: Zum einen ist es die Widersprüchlichkeit in der Wahrnehmung. Ein Clown oder eine Puppe sind zunächst eigentlich positiv besetzt. Wenn an Halloween aus dem lustigen Clown ein „Horror-Clown“ und aus einer netten Puppe „Chucky die Mörderpuppe“ wird, ist dieser Widerspruch im Verhalten kaum zu ertragen. Für viele ist es auch irritierend, dass sich durch die Schminke oder Maske die Mimik eines Clowns nicht verändert und sich Emotionen so nicht mehr erkennen lassen. Die Angst vor Clowns ist eine gar nicht so seltene Phobie, die als „Coulrophobie“ bezeichnet wird.