Kurzsichtigkeit bei Kindern: Wie lässt sich vorbeugen?
PEF
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22.04.2024
Dinge nur im Nahbereich scharf zu sehen – das bedeutet mehr als eine Fehlsichtigkeit. Mit ihr steigt auch das Risiko für einige Augenerkrankungen. Experten zeigten auf einer Pressekonferenz in Hamburg, wie sich möglichst früh vorbeugen lässt.
Die Anzahl der kurzsichtigen Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren hat sich in den letzten 60 Jahren mehr als verdoppelt. Tendenz steigend. Das liegt vor allem daran, dass Kinder und Jugendliche viel weniger Zeit im Freien und mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringen. Denn wenn sich die Augen mit Dingen direkt vor der Nase beschäftigen, erhöht das die Wahrscheinlichkeit für Kurzsichtigkeit.
Gleichzeitig setzt Fehlsichtigkeit immer früher ein. „Vor circa 20 Jahren kamen vor allem kurzsichtige Jugendliche zu mir, jetzt sind es meist schon Grundschulkinder“, berichtet die Augenoptikermeisterin Cornelia Hermann aus ihrer täglichen Praxis. Die Zunahme sieht sie in dem bereits erwähnten Lebensstil. „Ein großes Problem ist, dass schon Sechsjährige kaum noch Hobbys haben, die draußen stattfinden. Stattdessen verbringen sie viel zu viel Zeit vor dem Bildschirm.“ Ihr Tipp: Wenn sie schon nicht vermeiden können, dass ihre Kinder viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen, sollten Eltern so viel Platz wie möglich zwischen Gerät und Kind schaffen.
Besser Playstation als Computer
„Einfach gesagt: Ein großes Tablet ist besser als ein Handy, weil das Kind es nicht direkt vor die Augen halten kann, wenn es alles erkennen will“, erklärt Hermann, die ein Optikgeschäft in Bad Neuenahr-Ahrweiler betreibt. Genauso sei eine Playstation besser als ein PC, weil zwischen Sofa und Fernseher meist mehr Platz ist, als wenn das Kind am Schreibtisch vor dem Computer sitzt.
Dr. Michael Bärtschi, Augenoptiker aus Bern, ergänzt: „Solange ein Kind noch nicht kurzsichtig ist, kann ein täglicher Aufenthalt von ein bis zwei Stunden im hellen Freien die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Kurzsichtigkeit nachweislich reduzieren. Zudem sollte es außerhalb seiner Hausaufgabenzeit nicht mehr als eine Stunde am Tag Bücher oder digitale Medien konsumieren und dabei auch immer wieder kurze Pausen einlegen“, rät der Augenspezialist. Diese Maßnahmen helfen, bieten aber keine Garantie, dass ein Kind nicht trotzdem kurzsichtig wird. Auch die Gene, die sich leider nicht beeinflussen lassen, fördern diese Fehlsichtigkeit. Kurzsichtige Eltern haben oft auch kurzsichtige Kinder.
Fortschreiten der Kurzsichtigkeit aufhalten
Und wenn sich die Kurzsichtigkeit nicht verhindern lässt? Hier raten Experten wie Hermann und Bärtschi dazu, die Fehlsichtigkeit regelmäßig zu überprüfen und die Kinder mit einer passenden Sehhilfe zu versorgen. Doch es geht mehr. Spezielle Brillengläser für Kinder ab 8 Jahren korrigieren nicht nur die Sehschärfe, sondern verhindern auch ein Fortschreiben der Kurzsichtigkeit. Wichtig: Kinder müssen die Brille täglich tragen und der korrekte Sitz spielt eine entscheidende Rolle. Zudem gibt es spezielle Kontaktlinsen, die Kinder über Nacht tragen. Diese verändern deren Augenoberfläche so, dass sie tagsüber keine Sehhilfe mehr benötigen. Ideal zum Beispiel für Kinder und Jugendliche, die viel schwimmen. Medizinische Augentropfen gegen Kurzsichtigkeit befinden sich für jüngere Fehlsichtige noch in der Erprobung. „Studien stellen die langfristige Wirkung dieser Tropfen aber aktuell noch infrage. Ich persönlich halte nichts davon, Kindern ein Medikament ins Auge zu tropfen“, betont Hermann.
Einen vierten Weg gehen andere spezielle Kontaktlinsen, die nach dem ähnlichen Prinzip wie die bereits erwähnte Brille funktioniert. Sie sorgen nicht nur für scharfes Sehen, sondern bündeln Licht auch auf den darum liegenden Bereichen des Auges. Dies mindert den Anreiz für das Auge, in die Länge zu wachsen. Seit 2017 gibt es diese Kontaktlinsen auf dem Markt und Studien belegen, dass sich auf diese Weise verhindern lässt, dass die Kurzsichtigkeit weiter fortschreitet.
Kinder und Kontaktlinsen: Funktioniert das überhaupt? Hermann beruhigt. „Wenn ein Kind sich die Schuhe zubinden kann, kommt es auch mit Kontaktlinsen klar.“ Die Begeisterung von Tochter oder Sohn schlägt meist auf die Eltern um. „Und diese trauen sich dann oft auch, es selbst einmal mit Kontaktlinsen zu probieren.“