07.11.2011
Menschen, die Bilder erschaffen, ohne sich selbst oder einen Pinsel zu bewegen; Computer, die Absichten erkennen und sie umsetzen – was auf den ersten Blick wirkt, als wäre es der Fantasie eines Science-fiction-Autors entsprungen, ist bereits Wirklichkeit. Der Maler trägt in diesem Fall eine Art Badekappe auf dem Kopf. Darin eingebaute Sensoren messen die Gehirnströme, Kabel übertragen diese an einen Computer. Vor dem Maler stehen zwei Bildschirme, von denen der eine als Leinwand, der andere als Farben- und Formenpalette dient. Auf dieser blinken Symbole in einem bestimmten Muster immer wieder auf. Konzentriert sich der Maler auf ein bestimmtes Element, erkennt der Computer anhand eines ausgetüftelten Verfahrens seine Absicht und setzt sie um.
Was nach einer Spielerei der Wissenschaft aussieht, ist das Nebenprodukt jahrelanger Forschung an der Universität Würzburg und hat einen durchaus ernsten Hintergrund. Die Technik der sogenannten Gehirn-Computer-Schnittstellen unterstützt Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS), mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. Rund 800 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr neu an der unheilbaren Erkrankung, bei der der für die Bewegung zuständige Teil des Nervensystems nach und nach zerstört wird. Die Patienten können nach einiger Zeit nicht nur nicht mehr laufen. Auch das Essen und Sprechen und zuletzt das Atmen werden langsam unmöglich.
MP
Wie es zum Projekt "Brain Painting" kam
Der Künstler Adi Hoesle aus dem schwäbischen Babenhausen war bereits vor fünf Jahren an die Würzburger Psychologin Professor Dr. Andrea Kübler herangetreten, nachdem ein Bekannter, der Maler Jörg Immendorf, an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) erkrankte.
Gemeinsam arbeiteten sie an der Idee, die Technik der Gehirn-Computer-Schnittstellen mit einer Mal-Software zu kombinieren. Eine Ausstellung mit so entstandenen Bildern ist im kommenden Jahr in Rostock geplant.
Mehr über das Werk von Adi Hoesle und Brain Painting auf seiner Website www.retrogradist.com.