Apotheker Rüdiger Freund
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16.11.2022
Ernährungsfachleute gehen davon aus, dass der Mensch mit einer ausgewogenen Mischkost alle Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in ausreichender Menge aufnimmt. Dies trifft im Normalfall sicher zu. Interessant sind jedoch die Ausnahmen: Hierzu zählen unter anderem Heranwachsende, schwangere oder stillende Frauen, Senioren, Sportler, Veganer, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Personen, die bestimmte Arzneimittel einnehmen. Sie können Defizite bei einzelnen oder mehreren dieser Vitalstoffe aufweisen. Mit Diabetes gehört man meist gleich zu mehreren dieser Gruppen. Bereits die diabetische Stoffwechsellage kann dafür sorgen, dass manche Nährstoffe in den Keller rauschen – vor allem wenn der Blutzucker nicht im optimalen Bereich liegt.
Diese Vitamine sind sinnvoll
An erster Stelle stehen dabei die Vitamine B1 und B12. Fehlen sie, kann das die gefürchteten Nervenschäden begünstigen. Taubheitsgefühle und Missempfindungen bis hin zu Schmerzen können sich daraus entwickeln. Fachleute nennen das diabetische Neuropathie. Die wasserlöslichen B-Vitamine gehen zum einen bei schlechter Stoffwechseleinstellung mit dem Urin verloren. Zum anderen kann Metformin, das Standard-Medikament bei Typ-2-Diabetes, einem B12-Mangel Vorschub leisten. Auch eine Behandlung mit Magensäure-hemmenden Medikamenten wie Omeprazol oder Pantoprazol beziehungsweise eine anhaltende Entzündung der Magenschleimhaut begünstigen einen Vitamin-B12-Mangel. Darüber hinaus nehmen viele ältere Menschen dieses Vitamin aus der Nahrung generell nicht mehr in vollem Umfang auf.
Aus diesem Grund empfehlen Ärzte, dass Diabetiker einmal im Jahr Vitamin B12 im Blut bestimmen lassen. So lässt sich ein Mangel frühzeitig erkennen und gegensteuern. Beispielsweise mit einer darauf abgestimmten Ernährung. Wer Fleisch und Milchprodukte isst, nimmt damit B12 auf. Das Vitamin B1 findet sich eher in pflanzlichen Quellen wie Vollkorngetreide. Besteht ein Mangel, sind jedoch Präparate aus der Apotheke notwendig – zum Einnehmen oder Spritzen, falls der Körper das Vitamin über den Magen-Darm-Trakt nicht mehr ausreichend aufnimmt.
Ein weiteres Vitamin steht bei Diabetes im Fokus: das Vitamin D, das die Haut bei Sonnenbestrahlung bildet. In Studien zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes und niedrigen Blutspiegeln von Vitamin D. Die Hoffnung, dass die Einnahme von Vitamin D den Zuckerstoffwechsel von Menschen mit Diabetes verbessern könnte, ließ sich in wissenschaftlichen Arbeiten bisher nicht bestätigen. Sollte jedoch ein Mangel vorliegen, lohnt es sich, gegenzusteuern, denn Vitamin D sorgt unter anderem dafür, dass die Knochen mit dem Alter nicht an Substanz verlieren.
An welchen Mineralien es oft mangelt
Neben den Vitaminen spielen Mineralstoffe eine Rolle bei verschiedenen Stoffwechselvorgängen im Körper: beispielsweise das Magnesium bei der Ausschüttung von Insulin, dem Fettstoffwechsel und der Blutdruckregulation. Allerdings sind sich Wissenschaftler noch uneins, welcher Effekt sich von Magnesiumgaben erwarten lässt. Einige Studien zeigten einen positiven Effekt auf den Nüchternblutzucker sowie den Blutdruck und die Blutfette. Andere Studien konnten das so nicht bestätigen. Allerdings gilt auch hier, dass erst bei einem nachgewiesenen Magnesiummangel ein Eingreifen sinnvoll ist – mit angepasster Ernährung oder Präparaten aus der Apotheke. Das Spurenelement Zink beeinflusst, wie der Körper Insulin produziert, speichert und ausschüttet. Untersuchungen zeigen: Je länger der Typ-2-Diabetes andauert, desto weiter scheint die Zinkkonzentration im Blut abzunehmen. Das könnte auch den Blutzucker beeinflussen, wie Studiendaten nahelegen. Nahmen Typ-2-Diabetiker Zink ein, senkte das sowohl den Nüchternblutzucker als auch den Wert nach dem Essen. Auch bestimmte Blutfettwerte verbesserten sich. Allerdings sei laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung weitere Forschung dazu nötig. Momentan sei es noch zu früh, allen Menschen mit Typ-2-Diabetes die Einnahme von Zink zu empfehlen.