17.01.2018
Die zurzeit in Erprobung befindlichen Antikörper-Präparate spritzt der Arzt in die Blutbahn. Die Antikörper richten sich gegen einen Botenstoff, dessen Blutspiegel bei Migräneattacken und dauerhafter Migräne erhöht ist. Es handelt sich um den Botenstoff Calcitonin Gene-related Peptide, kurz CGRP. Dieses kleine Eiweiß wird im Bereich des Hirnstamms und aus bestimmten Nervenfaserenden freigesetzt. Es wirkt stark auf die Blutgefäße der Hirnhäute, indem es sie schmerzhaft erweitert und so Migräne-Attacken fördern kann.
Und genau hier greifen die neuen Antikörper-Präparate ein: Sie binden entweder direkt den Botenstoff CGRP im Blut oder sie blockieren dessen Ankerplätze an den Wänden der Blutgefäße. Auf diese Weise könnte man Migräneattacken praktisch vollständig verhindern – so die Theorie. Wie gut das funktioniert und wie verträglich die Mittel sind, testen Gaul zufolge aktuell Forscherteams in klinischen Studien mit vier Antikörpern. In Sachen Verträglichkeit wies er darauf hin, dass bisher nur wenige Patienten aus den Studien ausgestiegen sind. Das spreche dafür, dass die Antikörper-Behandlung nur wenige Nebenwirkungen habe. Langzeiterfahrungen fehlten aber noch.
Solche Medikamente wären besonders für Menschen interessant, die sehr häufig oder andauernd Migräne haben und dabei an mehr als 15 Tagen pro Monat unter Kopfschmerzen leiden. Laut Gaul treten bei diesen Patienten häufig auch psychische Erkrankungen wie Depressionen auf, und sie haben durch ihr Leiden oft lange Ausfallzeiten am Arbeitsplatz.
Zur Vorbeugung einer Migräne stehen heutzutage bereits Arzneimittel wie etwa bestimmte Betablocker, das Antikrampfmittel Topiramat oder das Antidepressivum Amitriptylin zur Verfügung. Auch das Spritzen von Botulinumtoxin durch spezialisierte Ärzte lindert die Beschwerden bei chronischer Migräne. Gegen die Schmerzen bei einem akuten Migräneanfall helfen oft schon normale Kopfschmerzmittel oder Mittel aus der Gruppe der sogenannten Triptane. Patienten, bei denen der Arzt eine Migräne diagnostiziert hat, können Präparate mit einzelnen dieser Wirkstoffe ohne Rezept in der Apotheke kaufen.
In seinem Vertrag sprach Gaul aber nicht nur über Medikamente, sondern auch über die wichtige Rolle nichtmedikamentöser Maßnahmen bei anhaltendem Kopfschmerz. So hilft eine gute Aufklärung und Schulung zu Schmerzursachen und deren Therapiemöglichkeiten. Zu den Verhaltensmaßnahmen gehören regelmäßiger Ausdauersport mindestens dreimal wöchentlich, ausreichend Schlaf, Stressabbau, wenigstens dreimal wöchentlich durchgeführte Entspannungsübungen oder Biofeedback-Verfahren.
Dr. Frank Schäfer