24.06.2016
Dem Hormon Oxytocin werden viele Wirkungen zugeschrieben: Es stärkt die Bindung von stillenden Müttern an ihre Säuglinge, hilft Ängste zu bewältigen und festigt die Paarbeziehung. Doch wirkt das Hormon bei Frauen und Männern auf gleiche Weise? Offenbar nicht, wie ein Team aus chinesischen und deutschen Wissenschaftlern im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) berichten. In einem Experiment erhöhte das Hormon bei Frauen die Sympathie für Personen, die mit positiven Aussagen verbunden waren. Bei Männern hingegen steigerte Oxytocin die Zustimmung zu sehr kritischen Meinungsäußerungen. „Das ist ein überraschender Befund, den Oxytocin wirkt ansonsten bei Frauen und Männern in vielen Situationen sehr ähnlich“, berichtet Prof. Dr. René Hurlemann von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Bonn.
Für die Studie erhielten die Teilnehmer entweder Oxytocin über ein Nasenspray oder ein Placebo. Anschließend zeigten die Forscher den Frauen und Männern Fotos von verschiedenen Personen und Objekten. Zu den Bildern wurden Aussagen eingeblendet, die entweder einen sehr positiven, lobenden Charakter oder einen sehr kritisierenden, negativen Inhalt hatten. Die 80 Studienteilnehmer sollten auswählen, ob ihnen die jeweilige Meinungsäußerung sympathisch oder unsympathisch war.
Die Forscher vermuten, dass bei den Ergebnissen zwei geschlechtsspezifische Modelle zum Tragen, die in der Wissenschaft schon seit Längerem diskutiert werden. In sozialen Gruppen fühlen sich Frauen eher wohl und betonen stärker die positiven Aspekte. Männer hingegen fürchten viel mehr die Konkurrenz durch ihre Artgenossen und scheinen deshalb emotional negativer getönt. „Diese Tendenz scheint das Oxytocin zu verstärken“, fasst Prof. Hurlemann zusammen.
NK