Natascha Koch
|
11.10.2021
Bei der Einschätzung hilft Dr. med. Anja Eckstein zufolge zunächst die Unterscheidung, ob sich die Augen normal bewegen oder nicht. „Bewegen sich die Augen nicht symmetrisch-gleichmäßig, handelt es sich oft um einen Notfall“, erklärt die Expertin. „Denn dann sind häufig die Hirnnerven gelähmt, die die Augenmuskeln steuern.“ Ursache einer solchen Lähmung können Hirnblutungen, Hirntumoren, Hirndruck oder ein Schlaganfall sein. „So wissen wir, dass Kinder, die mit akutem Schielen infolge einer Augenbewegungsstörung in die Notaufnahme kommen, am häufigsten an einem Hirntumor leiden“, berichtet Eckstein. „Aufgrund ihres Volumens können Tumoren den Hirndruck erhöhen, und das können wir beim Blick ins Auge am geschwollenen Sehnerv erkennen“, fügt die Spezialistin hinzu.
Vorsicht nach Unfällen
Akuter Handlungsbedarf besteht ebenfalls, wenn Doppelbilder nach Unfällen auftreten, etwa einem Sturz von einem Trampolin. „Zeigt sich dann auch noch ein blaues Auge, liegt wahrscheinlich eine Augenhöhlenfraktur vor, die bei Kindern innerhalb von 24 Stunden operiert werden muss“, so Eckstein. „Sonst vernarbt das Gewebe, und es können dauerhafte Schäden zurückbleiben.“ Auch wenn sich nach einem Schlag aufs Auge Doppelbilder einstellen, müsse sofort die augenärztliche Notfallambulanz aufgesucht werden. Dann bestehe der Verdacht auf eine Blow-out-Fraktur, die innerhalb von ein paar Tagen operiert werden sollte, wenn die Doppelbilder anhalten.
Plötzliches Schielen bei Erwachsenen über 65
Bei Erwachsenen, die älter als 65 Jahre sind, ist die Ursache für neu aufgetretenes Schielen hingegen meist eine vorübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn. Liegen keine zusätzlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schwindel vor, dafür aber Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Übergewicht, werden die Betroffenen zunächst zum Internisten oder Hausarzt geschickt. „Meistens bessern sich diese Hirnnervenlähmungen innerhalb von vier bis sechs Wochen von allein“, so die Augenärztin. Sind die Betroffenen jedoch unter 65 Jahre alt und leiden neben Doppelbildern und Augenbewegungsstörungen zugleich unter Kopfschmerzen, Schwindel oder Erbrechen, besteht unter anderem der Verdacht auf einen Hirntumor. In diesem Fall müsse sofort eine Bildgebung des Gehirns erfolgen.