18.06.2019
Die Ergebnisse der Studie sind ein gutes Beispiel dafür, wie Rollendenken auch die Wahrnehmung von Leiden beeinflusst: Den Testpersonen wurden Fallstudien von mütterlichen und väterlichen postnatalen Depressionen vorgelegt. Anschließend wurden sie gefragt, ob sie der Meinung sind, dass „etwas nicht in Ordnung ist“. Unabhängig vom eigenen Geschlecht der Befragten wurde bei Männern nur zu 76 Prozent vermutet, dass etwas nicht stimme, bei Frauen hingegen zu 97 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Online-Befragten Anzeichen einer Depression bei den frisch gebackenen Müttern feststellten, war fast doppelt so hoch wie bei den Vätern.
Auch nahmen die Testpersonen die Belastung bei Männern als deutlich niedriger wahr und waren der Ansicht, dass der Fall leichter zu behandeln sei. Sie gingen bei Männern eher davon aus, dass etwa Stress oder Müdigkeit die Ursache für die Beschwerden seien: Trotz der Fallstudien mit identischen Symptomen für Männer und Frauen wurde Stress in 21 Prozent der Fälle für Männer und nur in 0,5 Prozent für Frauen als Ursache des Problems vermutet.
Die Häufigkeit der postnatalen Depression liegt bei Müttern zwischen 6 und 13 Prozent, bei Vätern zwischen 8 bis 11 Prozent. Trotzdem werden psychische Gesundheitsprobleme bei Vätern nach der Geburt ihres Kindes seltener diagnostiziert und behandelt.
Der Erstautor der Studie, Viren Swami, war sich des Problems nicht bewusst, bis bei ihm selbst nach der Geburt seines Sohnes eine Störung diagnostiziert wurde. Daraufhin wollte er herausfinden, warum viele Menschen so denken. „Es ist klar, dass viel mehr getan werden kann, um ein besseres Verständnis der väterlichen postnatalen Depression zu fördern, sodass die Leute es nicht einfach als Müdigkeit oder Stress abtun“, so Swami.
ZOU