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01.08.2023
Warum schmeckt die Pizza beim Italiener immer besser als zu Hause?
Ich habe mal mit einem Italiener zusammengearbeitet, Giovanni. Er sagte, ein guter Pizzateig brauche keine Hefe. Er verwendete nur Mehl, Meersalz, Wasser und Olivenöl, und seine Pizza war entsprechend immer flach und knusprig. Er backt sie bei 450 Grad. Dann verpufft die Flüssigkeit so schnell, dass man keine Hefe benötigt. Im Haushaltsbackofen bekommt man das natürlich nicht so hin. Aber wer regelmäßig zu Hause Pizza backt, kann sich einen Pizzastein anschaffen. Wenn der richtig Hitze hat, geht die Pizza schneller und schmeckt auch ganz anders. Für eine gute Pizza spielt die Temperatur eine große Rolle.
Sie wollten anfangs keine Lorbeeren ernten, bekamen aber später einen Michelin-Stern. War das Zufall?
Sterneküche hat mich nach meiner Ausbildung gar nicht interessiert. Sie bedeutete nur mehr Arbeit, mehr Stress, aber nicht mehr Geld. Ich wollte lieber die Welt sehen. Durch Stefan Marquard bekam ich dann aber doch den Einstieg in die Spitzengastronomie und habe in mehreren Sternehäusern gearbeitet – unter anderem bei Harald Wohlfahrt im besten RestaurantDeutschlands mit drei Sternen. Als ich dann später erstmals als Küchenchef im Rheingau kochte, war das Ziel des Restaurants, einen Stern zu erhalten, und damals war ich auch sehr motiviert. Etwas übermotiviert, wie einige leidgeprüfte Mitarbeiter von damals meinten (lacht).
Was ist leichter, den Stern zu holen oder ihn zu behalten?
Beides ist wahnsinnig schwer, aber es kommt noch ein Aspekt dazu: Wenn ich mir einen Stern erhoffe und ihn nicht bekomme, bin ich enttäuscht. Wenn ich ihn hatte und verliere, bin ich auch enttäuscht, allerdings habe ich dann ein großes wirtschaftliches Problem für den Betrieb. Es gehen im Folgejahr 10 bis 20 Prozent Umsatz verloren, was Restaurants tief in die roten Zahlen treibt. Der Druck, den Stern zu verteidigen, ist also massiv. Deswegen bin ich ganz froh, dass ich momentan keinen Stern habe, denn diesem Druck würde ich meine Angestellten nicht aussetzen wollen.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie neue Rezepte entwickeln?
Am besten sucht man sich ein Thema aus. In meinem Buch "Zacherl macht Feierabend" ist das beispielsweise die schnelle Küche mit wenigen Zutaten, die jeder daheim hat. Man muss nur vier oder fünf Dinge zusätzlich einkaufen, die in einer guten Lebensmittelabteilung zu erhalten sind. Dann muss man entscheiden, will ich in die traditionelle Richtung, sodass es der Gast wiedererkennt, oder will ich etwas ganz Neues. Und dann lasse ich mich natürlich auch inspirieren.
Haben Sie ein Beispiel dafür?
Das Rezept "Tofu mit Speck" aus dem Buch wäre eines. Das klingt erst einmal wenig vereinbar, weil ja Tofu eher in der fleischlosen Küche zum Einsatz kommt, aber ich hatte vor vielen Jahren einmal etwas Ähnliches gegessen, das ich unglaublich lecker fand, weil sich die Raucharomen vom Speck sehr gut mit dem neutralen Tofu verbinden. Ich habe das dann natürlich noch nach meinen eigenen Vorlieben ausgestaltet.
Wie oft probieren Sie neue Rezepte aus, bevor Sie zufrieden sind?
Die Praxis ist entscheidend. Dabei entdeckt man manchmal, dass die eigene Vorstellung nicht so umsetzbar ist oder nicht so schmeckt wie gewünscht. Dann muss man feilen, schleifen, polieren. Manchmal muss ich etwas acht oder neun Mal kochen. Mit der Würzung bin ich dann eventuell schon nach dem dritten Versuch zufrieden, aber es braucht noch etwas, um die Garstufe perfekt hinzubekommen.
Hat sich das Kochen seit Ihrer Ausbildung in den 1980er-Jahren verändert?
Ja, permanent, zudem ist unsere Ernährung vielfältiger geworden. Damals waren Vegetarier sehr exotisch, heute essen von 30 Gästen mindestens fünf kein Fleisch. Ich merke das auch in meiner Küche: Ich verwende Zutaten aus Südamerika, aus Thailand, aus Japan, ich liebe aber auch deutsches Essen. Es muss nicht immer kompliziert oder international sein, wir haben auch hier sehr schöne Produkte. Man sollte nichts ausschließen, wenn man das nicht aus Gesundheitsgründen muss.
Heute gibt es viele stark verarbeitete Produkte für Veganer. Wie schätzen Sie diese ein?
Gegen vegane Ernährung ist nichts einzuwenden, und vielfach schmecken die Produkte auch gut. Nur die Zutatenliste ist oft eine Liste des Schreckens. Die Produkte werden hochpreisig angeboten, da müsste eigentlich ein Budget vorhanden sein, um gute Zutaten zu verwenden, aber oft wird an allem gespart. Der Kunde möchte sich etwas Gutes tun und vegan essen, aber letzten Endes erhält er gehärtete Fette, Stabilisatoren, Zuckeraustauschstoffe, Aromastoffe und Geschmacksverstärker. Das hat nichts mit guter Ernährung zu tun.
Was würden Sie Veganern und allen anderen empfehlen, um sich gesund zu ernähren?
Von der Ameise bis zum Zebra – jedes Tier weiß, was es essen muss, wenn der Winter kommt, wenn man schwanger ist, auf Reisen geht. Nur wir, die "Krone der Schöpfung", brauchen Ernährungsberater. Das könnte vielleicht mit unserer künstlichen Ernährung zu tun haben. An sich bringen wir vom Körper her alles mit, um zu wissen, was und wie viel wir essen sollten, wenn wir eine natürliche Kost zu uns nehmen würden. Mein Ansatz lautet daher: Leute, kocht zu Hause mehr! Wenn ihr die Sachen selbst einkauft und zubereitet, werdet ihr auch nicht beschummelt. Rezepte gibt es zuhauf.
Gewissensfrage: abends warm essen oder nicht?
Das kommt sehr auf den einzelnen Menschen an. Ich selbst koche gerne abends, aber meine Frau isst abends lieber nur eine Brotzeit. Wenn ich zu spät koche, kann sie danach einfach nicht so gut schlafen. Ich selbst stelle bei mir jedoch keinen großen Unterschied fest, ob ich abends nur leichte Kost gegessen habe oder nicht. Im Gegenteil, ich esse abends oft reichhaltig, trinke dann morgens nur einen Kaffee, und die nächste richtige Mahlzeit kommt erst so gegen 15:30 Uhr im Restaurant. Damit komme ich gut über den Tag.
Das klingt fast wie Intervallfasten.
Ja, so ähnlich ist das wohl. Ich mache das aber nicht, um abzunehmen. Klar kann es sein, dass ich im Restaurant vormittags mal einen Löffel hier und eine Messerspitze dort probiere, aber das Personalessen nach dem Mittagsservice ist für mich das erste Essen an dem Tag. Wobei ich dabei eher weniger esse, weil ich lieber abends richtig zuschlage. Das funktioniert bei mir gut, ist aber nicht unbedingt ein Vorbild für andere.
Haben Sie als Fernsehkoch eine Traum-Sendung, die es bisher so nicht gab?
Was ich mir vorstellen könnte, wäre eine Sendung wie "Sing my Song" mit Köchinnen und Köchen. Man trifft sich in einer entspannten Atmosphäre, spricht über Lieblingsgerichte, die die anderen Teilnehmer dann in einer bestimmten Zeit nachkochen müssen. Toll wäre auch eine Sendung, wie ich sie am Anfang meiner TV-Karriere gemacht habe: "Zacherl einfach kochen" in neuer Variante. Man geht zuerst mit dem Zuschauer einkaufen und kocht dann die Gerichte von A bis Z durch.
Was finden Sie besonders gut daran?
Es gibt zwar viele Kochformate im Fernsehen, die motivieren aber den Zuschauer nicht unbedingt, zu Hause in der Küche selbst aktiv zu werden. Mein Antrieb für meine Fernsehshows war immer, die Zuschauer anzuregen, wieder mehr zu Hause zu kochen. Es geht beim Essen nicht darum, schnell satt zu werden, sondern um Freude. Essen ist der einfachste Weg, einen anderen Menschen glücklich zu machen. Bei einem guten Essen fangen die Menschen an zu lächeln. Daran arbeite ich gerne auch in Zukunft im Fernsehen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Rüdiger Freund.