24.01.2017
Magensäureblocker gehören zu den hierzulande am häufigsten eingenommenen Medikamenten. Nach Angaben des aktuellen Arzneimittelverordnungs-Reports hat sich ihre Verordnung in den zurückliegenden zehn Jahren mehr als verdreifacht. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) warnt jedoch davor, dass diese Medikamente häufig auch bei Beschwerden wie dem Reizmagen-Syndrom eingesetzt werden, für die sie nicht geeignet sind.
In jüngster Zeit mehren sich Hinweise, dass eine langfristige Einnahme von Magensäureblockern mehr Nebenwirkungen verursachen könnte, als bislang bekannt. Eine Langzeittherapie sollte deshalb nur unter ärztlicher Betreuung und bei klar abgesicherter Diagnose erfolgen, empfiehlt die DGVS. „Diese Medikamente sind wirksam und wichtig zur Behandlung und Vorbeugung bestimmter Magenerkrankungen wie beispielsweise der Refluxkrankheit, der gastroduodenalen Ulkuskrankheit, des Barrett-Ösophagus oder des Zollinger-Ellison-Syndroms“, erklärt DGVS-Experte Professor Dr. med. Matthias Ebert. Zu häufig würden Magensäureblocker aber auch bei Beschwerden angewandt, bei denen ihr Nutzen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei, zum Beispiel beim Reizmagen. „Ein Reizmagen-Syndrom ist nicht ganz leicht zu behandeln, denn seine Symptome und die Ursachen sind vielfältig. Aus Mangel an effizienten Therapien wird dann nicht selten auf Magensäureblocker zurückgegriffen“, so Ebert. Aus dem gelegentlichen Griff zu den Medikamenten kann schnell eine Dauereinnahme werden. Grund: Beim abrupten Absetzen kommt es bei manchen Patienten zu einer überschießenden Produktion von Magensäure – dann treten die Symptome, gegen die das Medikament eingenommen wurde, eine gewisse Zeit lang sogar noch verstärkt auf. „Dies führt nicht selten dazu, dass Patienten das Medikament dann weiter einnehmen und langfristig dabei bleiben“, so Ebert.
Doch immer mehr Studien kommen zu dem Ergebnis, dass eine langfristige Einnahme – über mehrere Monate oder sogar Jahre – zu Nebenwirkungen führen kann. Dazu zählen ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche und eine Veränderung der Darmflora. Einige Untersuchungen zeigten auch, dass bei langfristiger Einnahme die Rate an Darminfektionen mit Erregern wie Clostridium difficile oder Campylobacter zunahm. Gesicherte Erkenntnisse gebe es aber bislang kaum. „Dennoch müssen die aktuellen Hinweise Anlass dazu geben, die bislang recht unkritische Verschreibung und Einnahme von Magensäureblockern zu überdenken“, betont DGVS-Pressesprecher Professor Dr. med. Christian Trautwein.
Die DGVS rät daher, Magensäureblocker nicht über mehr als zwei Monate einzunehmen, wenn keine eindeutige Diagnose vorliegt, die eine Therapie erforderlich macht. Hierfür sei etwa ein Gastroenterologe der richtige Ansprechpartner. Von einer regelmäßigen Einnahme ohne ärztliche Überwachung und klare Diagnose rät die Fachgesellschaft ab.
DGVS/NK