01.08.2019
Forscher vermuten schon länger, dass Medikamente, die die Säurezusammensetzung im Magen beeinflussen, unerwünschte Effekte auf das Immunsystem haben. Eine neue Studie der Medizinischen Universität Wien untermauert nun diesen Verdacht. Erhielten Patienten einen ärztlich verordneten Magenschutz wie Protonenpumpenhemmer (PPI), einen H2-Blocker, Sucralfat oder Prostaglandin E2, war ihr Risiko, in den Folgejahren auch ein antiallergisches Mittel zu bekommen, im Schnitt doppelt so hoch wie bei Patienten, die andere Medikamente wie Blutdruck- oder Lipidsenker verordnet bekamen. Dabei reichte schon die Verordnung von sechs Tagesdosen Säureblocker pro Jahr, um das Risiko zu erhöhen. Je mehr Säureblocker-Dosen verordnet wurden, desto häufiger folgte auch eine Antihistaminika-Verschreibung, berichten die Forscher aktuell in „Nature Communications“.
Frauen hatten ein höheres Risiko als Männer, und auch das Alter spielte eine große Rolle: So war die Rate bei den Unter-20-Jährigen um 47 Prozent erhöht, bei den Über-60-Jährigen sogar um 520 Prozent. Senioren mussten nach einer Säureschutz-Verordnung mehr als fünfmal so häufig ein antiallergisches Medikament nehmen als normal zu erwarten war. Die Verordnungsdaten zeigen jedoch nicht, gegen welche Art von Allergie die Antihistaminika oder spezifische Immuntherapien verordnet wurden.
Für die Studie analysierten Forscher um Professor Dr. Erika Jensen-Jarolim die Verschreibungsdaten von mehr als acht Millionen Österreichern zwischen 2009 und 2013. Das entspricht in etwa 97 Prozent der Bevölkerung. Die Studie zeige zwar keinen kausalen Zusammenhang, dennoch seien die Erkenntnisse ein weiterer Hinweis, Säureblocker wie PPI nicht unkritisch über einen längeren Zeitraum einzunehmen. Das meint auch Jensen-Jarolim: „Die sogenannten ‚Magenschoner‘ sollte man nicht länger als nötig einsetzen. Sie verhindern die Proteinverdauung, verändern das Mikrobiom im Magen-Darm-Trakt und erhöhen das Risiko für allergische Reaktionen. Sobald sie ihre medizinisch verordnete Aufgabe erfüllt haben, sollte man sie rasch wieder absetzen.“ Allein 2013 erhielten in Österreich mehr als 1,5 Millionen Menschen ein PPI auf Rezept. Das sind 17,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.
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