NAS
|
18.10.2024
Synthetische Opioide, wie Morphin und Fentanyl, sind die stärkste Klasse von Schmerzmitteln. Sie bergen jedoch auch ein hohes Abhängigkeitspotenzial und müssen daher mit Bedacht eingesetzt werden. Bekannt ist, dass Frauen oft schlechter auf Opioidtherapien ansprechen, bei denen synthetische Opioidmoleküle an dieselben Rezeptoren gebunden werden wie die natürlich vorkommenden Opioide. Das ist problematisch, denn: „Eine Abhängigkeit entsteht, weil die Menschen anfangen, mehr Opioide zu nehmen, wenn die ursprüngliche Dosis nicht mehr wirkt“, erklärt Prof. Dr. Fadel Zeidan von der University of CaliforniaSan Diego School of Medicine. Die neuen Studienergebnisse deuten Zeidan zufolge darauf hin, dass Frauen biologisch weniger empfindlich auf Opioide reagieren und mehr nehmen müssen, um eine Schmerzlinderung zu erfahren – und daher auch häufiger abhängig von den Medikamenten werden.
Opioide wirken bei Frauen anders
In der Studie wurden Daten aus zwei klinischen Studien mit insgesamt 98 Teilnehmenden kombiniert, darunter sowohl gesunde Personen als auch Patienten mit chronischen Schmerzen im unteren Rücken. Die Teilnehmenden absolvierten ein Meditationstraining und meditierten anschließend, während sie entweder ein Placebo oder eine hohe Dosis Naloxon erhielten: Dabei handelt es sich um ein Medikament, das die Wirkung sowohl synthetischer als auch körpereigener Opioide unterbindet. Gleichzeitig erfuhren sie einen sehr schmerzhaften, aber harmlosen Hitzereiz auf der Rückseite des Beins. Die Forschenden maßen und verglichen, wie stark die Schmerzlinderung durch die Meditation war, wenn das Opioidsystem blockiert war, und wie stark, wenn es intakt war.
Geschlechtsspezifische Schmerztherapie ist überfällig
Dabei zeigten sich bei Männern und Frauen deutliche Unterschiede: Die Blockierung des Opioidsystems mit Naloxon hemmte die meditationsbedingte Schmerzlinderung bei Männern, was darauf hindeutet, dass Männer zur Schmerzlinderung auf körpereigene Opioide angewiesen sind. Bei Frauen hingegen steigerte Naloxon die meditationsbedingte Schmerzlinderung, was den Wissenschaftlern zufolge darauf hindeutet, dass Frauen zur Schmerzlinderung auf nicht-opioide Mechanismen angewiesen sind.
„Diese Ergebnisse unterstreichen den Bedarf an mehr geschlechtsspezifischen Schmerztherapien, da viele der von uns verwendeten Behandlungen bei Frauen nicht annähernd so gut wirken wie bei Männern“, so Zeidan. Der Wissenschaftler ist davon überzeugt, dass sich die Schmerztherapie und auch die Abhängigkeit von Opioiden verbessern könne, wenn die Schmerzbehandlung auf das Geschlecht des Patienten zugeschnitten wird.
„Es gibt deutliche Unterschiede in der Schmerzbehandlung zwischen Männern und Frauen, aber wir haben bisher keinen eindeutigen biologischen Unterschied in der Nutzung ihrer körpereigenen Systeme gesehen“, sagte Zeidan. „Diese Studie liefert den ersten eindeutigen Beweis dafür, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der Schmerzverarbeitung real sind und bei der Entwicklung und Verschreibung von Schmerzbehandlungen ernster genommen werden müssen“.
Quelle: DOI 10.1093/pnasnexus/pgae453