Im Alter um 30 sind rund 8 Prozent davon betroffen, um 60 sind es 22 Prozent. Im fortgeschrittenen Alter wird der Anteil der Betroffenen kleiner, wahrscheinlich weil dann die Schulter nicht mehr so sehr beansprucht wird. Dennoch lebt ein Drittel der Menschen über 70 mit Defekten im Schulter-Arm-Bereich.
Selten Operationen notwendig
Ein Teil von ihnen hat dennoch keinerlei Beschwerden, andere quälen sich bei alltäglichen Bewegungen, beispielsweise beim Waschen oder Kämmen oder wenn sie den Arm zurückbiegen müssen, um in ein Ärmelloch des Mantels zu gelangen. Die meisten kommen bei der Behandlung mit Medikamenten oder mit Krankengymnastik aus, Operationen sind seltener notwendig.
Die Schulter ist einer der kompliziertesten Teile des Bewegungsapparates, denn anders als Hüfte oder Knie ist sie kein zentrales, einheitliches Gelenk. Vielmehr kommt die Beweglichkeit von Schulter und Arm durch das Zusammenwirken von drei echten Gelenken mit knorpeligen Gelenkflächen und Kapseln sowie von zwei so genannten Nebengelenken zustande. Zur Schulter gehören: Oberarmknochen mit Schulterhauptgelenk, Schulterdach und Schulterblatt mit dem Schultereckgelenk. Weiterhin Brustbein, Schlüsselbein und Schlüsselbeingelenk. Die aus vier Muskeln und den dazu gehörenden Sehnen bestehende Rotatoren-Manschette, die die Drehung des Oberarms möglich macht, die beiden dazwischen liegenden Nebengelenke, Muskeln, Sehnen und Kapseln vervollständigen das Ganze. Alle diese auf sehr engem Raum angelegten Teile bewirken, dass sich Schulter und Arm vielfältig bewegen lassen und dass es in dem komplexen System auch zu vielen Störungen kommen kann.
Die Betroffenen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen. Die kleinere davon sind meist junge Leute zwischen 15 und 35, die sich bei Unfällen oder beim Sport die Schulter "ausgekugelt" und nun eine Instabilität des Schultergelenks haben, ebenso Über-Kopf-Sportler wie Handballer, Basketballer, Tennisspieler, Schwimmer (Schmetterling und Kraul), Kraftsportler und sogar Golfer. Begriffe wie Werfer-, Schwimmer- oder Golferschulter sind fest in den medizinischen Sprachgebrauch integriert. Schmerzhaft betroffen sind oft auch ältere Herrschaften, die es nach längerer Bewegungspause "noch einmal wissen möchten". Im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen stehen Medikamente, Kältekompressen, physikalische Therapie sowie ein Stabilisierungs- und Koordinationstraining für die Muskulatur.
Erst Verschleiß, dann Entzündung
Die weitaus größere Gruppe leidet jedoch zum einen am altersbedingten Verschleiß, wenn auch Arthrose und Arthritis im Schultergürtel seltener sind als in anderen Gelenken. Zum anderen treten Verkalkungen der Rotatoren-Manschette auf. Hier werden, besonders nachts, die Schmerzen unerträglich, sobald sich die Kalkdepots aufzulösen beginnen und Entzündungen an Sehnen hervorrufen.
Das kann sich über Monate und Jahre hinziehen und die Patienten zermürben. Die Entzündungen lassen sich einigermaßen behandeln, die Auflösung der Kalkdepots kaum. Eine österreichische Studie hat nachgewiesen, dass die extrakorporale Stoßwellentherapie, die sonst zur Auflösung von Nierensteinen eingesetzt wird, bei einzelnen Patienten mit verkalkter Rotatoren-Manschette gute Dienste leisten kann. Bei Verschleißerscheinungen kann schließlich auch ein künstliches Schultergelenk für Schmerzfreiheit sorgen. In der Schulter werden aber, da die konservative Therapie weit überwiegt, sehr viel seltener Endoprothesen eingesetzt als in der Hüfte und im Knie.
Schwimmen an der Spitze
Ein wenig kann man den Schulterschmerzen vorbeugen, jedoch nur, wenn man mit Konsequenz bei der Sache ist. Wer sitzend am Schreibtisch arbeitet und stundenlang die Schultern nach vorne gezogen und den Brustkorb eingeengt hat, kann mit Dehnübungen gegensteuern, indem man mehrmals am Tage die Schultern so weit wie möglich nach hinten zieht, ungefähr nach dem alten preußischen Motto "Brust raus, Bauch rein!" Das alles überragende Prophylaktikum ist jedoch Schwimmen, wenigstens zweimal die Woche, am besten abwechselnd eine Bahn Brustschwimmen, die nächste auf dem Rücken.