Trotz Schwindel in Bewegung bleiben

Schwindel-Attacken gehören zu den häufigsten Beschwerden, die ältere Menschen zum Hausarzt führen. Wichtig ist: Die Betroffenen sollten sich trotz der Angst vor Schwindel möglichst viel bewegen.

Älterer Mann bewegt sich mit Hund
"In Bewegung bleiben" lautet die Devise bei Schwindel. Denn den Sessel aus lauter Angst vor Schwindel-Attacken nicht mehr zu verlassen, ist Gift.
© AOK-Mediendienst

Viele ältere Menschen leiden gelegentlich oder häufiger unter Schwindel-Beschwerden. "Eine häufige Diagnose ist der gutartige Lagerungsschwindel. Dabei gelangen kleine Kristalle in die Bogengänge des Gleichgewichtsorgans im Innenohr. Dies führt dazu, dass bei Lagewechseln plötzlich die Bogengänge aktiviert werden, die normalerweise Kopfbewegungen registrieren. Die Folge ist ein starker, für Sekunden anhaltender Drehschwindel", erklärt Professor Dr. Andreas Straube, Oberarzt an der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Großhadern in München.

Beim phobischen Schwindel sind die Ursachen andere: "Im Alter erleben Menschen zunehmend Unsicherheit, etwa wenn der Untergrund glatt oder uneben ist", erläutert Straube. Das und den Eindruck des Schwindels in solchen Situationen verarbeiten die Betroffenen ängstlich, so dass sie versuchen, sich weniger und zunehmend mit Hilfsmitteln zu bewegen. Das aber verschlimmert die Situation nur, und der Trainingszustand verschlechtert sich."

Nicht in Stille erstarren

Grundsätzlich ist es wichtig, in Bewegung zu bleiben, statt aus Angst vor Schwindel-Attacken den Sessel nicht mehr zu verlassen. "Das wäre in den allermeisten Fällen völlig kontraproduktiv, da es die Symptome nur verfestigt und keine Besserung eintritt", betont Straube. Der Lagerungsschwindel ist ein gutes Beispiel: "Weil es dabei durch Lageänderungen zu heftigstem Schwindel kommt, bewegen sich die Patienten möglichst überhaupt nicht mehr. Das führt dazu, dass dieser Schwindel sich auch nicht vermindert, weil Besserung ja nur durch Bewegung zustande kommt, bei der die kleinen Kristalle aus den Bogengängen im Innenohr wieder herausrutschen und dann nicht mehr stören." Ein geübter Arzt kann dies auch durch gezielte Bewegungsmanöver, das sogenannte Lagerungstraining, beschleunigen.

Sich zu regen und zu bewegen, hilft auch bei dem durch Angst und Unsicherheit gespeisten phobischen Schwindel. "Bewegen sich Betroffene nicht", warnt Straube, "haben sie einen immer schlechteren Trainingszustand. Das schadet dem Gleichgewicht und Gehen, die man immer wieder trainieren muss. Verschlechtert sich beides, wird der Angstfaktor immer größer, und es wird sich noch weniger bewegt." Ein unangenehmer Teufelskreis.

Kreislaufschwäche im Alter

Im Alter kommt noch eine weitere Besonderheit hinzu: "Oft ist der Kreislauf etwas instabil, so dass bei schnellem Aufrichten ein Kreislaufabfall eintritt, was als Benommenheit oder Schwindel wahrgenommen wird. Das macht auch unsicher und verstärkt die Abneigung, sich zu bewegen." Ein Tipp von Straube: "Bevor man aufsteht, sich erst einmal auf die Bettkante setzen, Beine überkreuzen, Muskeln an- und entspannen, die Beine wieder nebeneinanderstellen und dann aufstehen. Ganz bewusst und nicht in einem Ruck."

Mehr Bewegung beugt Schwindel vor, und sie kann, ergänzend zur Behandlung der Auslöser, Schwindel bessern. Dazu benötigt man mitunter spezielle Übungen. Straube: "Liegt ein Lagerungsschwindel vor, kann man Lagerungstraining machen. Dazu kann einem der Arzt einfache Übungen zeigen. Wenn es sich um eine Störung der Reflexe des Gleichgewichtssinnes handelt, muss man beispielsweise langsame Kopfbewegungen unter Fixation eines Sehzieles üben. Bei Nervenschäden wie im Fall einer Polyneuropathie geht es eher darum, das Gleichgewicht zu trainieren, zum Beispiel durch das Balancieren auf Schaumstoff oder einer Wippe."

Es gibt Fälle, in denen Bewegung allein Schwindel nur langsam verschwinden lässt. Als ein Beispiel nennt Straube ein entzündliches Innenohrleiden, eine Neuritis vestibularis. "In den ersten Stunden sind Patienten so erschöpft, dass kaum eine Bewegung möglich ist. Aber auch dann ist es wichtig, relativ rasch mit der Bewegung zu beginnen, damit die Kompensation durch das Gehirn und das gesunde Gleichgewichtsorgan der Gegenseite nicht unnötig verzögert wird.

Dr. Frank Schäfer

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