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12.09.2023
In allen Medien wird man darauf hingewiesen, dass Fettleibigkeit (Adipositas, ein BMI ³ 30) gesundheitsschädlich ist und zahlreiche Erkrankungen nach sich ziehen kann, die die Lebenserwartung verkürzen. Da liegt die Vermutung nahe, dass dies auch für Übergewicht gilt (einem BMI zwischen 25 und 29,9), wofür wissenschaftliche Beweise jedoch fehlen. Eine Studie in dem Fachmagazin „Epidemiology“ zeigt dennoch: 90 Prozent der Hausärztinnen und Hausärzte nehmen dies fälschlicherweise an, obwohl medizinische Leitlinien in den USA sogar darauf hinweisen, dass Übergewicht nicht mit einer höheren Sterblichkeit verbunden ist.
Für die Studie sollten die Ärzte in einer Befragung die Lebenserwartung von zwei imaginären 60-jährigen Frauen schätzen, die bis auf das Gewicht dieselben Merkmale aufwiesen: Eine war normalgewichtig, die andere übergewichtig (aber nicht fettleibig). Befragt nach der Wahrscheinlichkeit, mit der die Frauen in den nächsten zwei Jahrzehnten sterben, schätzten die Ärzte die Sterblichkeit der übergewichtigen Frau um 25 Prozent höher ein. Befragt nach dem Einfluss des Übergewichtes auf die Sterblichkeit gingen sie sogar von einer um 60 Prozent höheren Sterblichkeit aus.
„Es scheint eine große Diskrepanz zwischen den empirischen Beweisen und der Wahrnehmung der Ärzte zu geben. Ihre Schätzungen lagen viel höher als in den Studien, die auf eine erhöhte Sterblichkeit hinweisen“, sagte Dr. Maya Mathur von der Stanford University. Übergewichtige und fettleibige Menschen sollten nicht in einen Topf geworfen werden: Eine Studie aus dem Jahr 2013, in der fast 100 Studien mit mehr als 2,8 Millionen Menschen ausgewertet worden waren, kam zu dem Ergebnis, dass Adipositas die Sterblichkeit erhöht, Übergewicht sie aber sogar leicht senken könnte. Eine weitere Analyse von rund 240 Studien aus dem Jahr 2016 zeigte einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und höherer Sterblichkeit auf, allerdings von geringem Effekt. Beide Studien wiesen methodische Mängel auf, so dass ihre Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden sollten, so Mathur.
Quelle: DOI 10.1097/EDE.0000000000001590