Pharmazeutin Hannah Lenz
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02.07.2022
Milch, Milchalternativen und Mineralwasser
Die Mineralstoffe dieser Getränke und auch von Nahrungsergänzungsmitteln können bei der gleichzeitigen Einnahme von Arzneimitteln zum Problem werden. Calcium, Magnesium, Zink und weitere Ionen „kleben“ sich nämlich förmlich an manche Arzneistoffe. In diesen sogenannten Komplexen nimmt der Körper die Wirkstoffe aus dem Darm dann nicht mehr auf. Der Wirkstoff kommt so nicht mehr an den Wirkort. Kein Geheimnis ist, dass Milch viel Calcium enthält. Soja-, Hafer- oder Reisdrink besitzen von Natur aus weniger Calcium. Aber Achtung: Calcium kann in größeren Mengen künstlich zugesetzt werden. Das gilt für veganen Milchersatz, aber auch für Mineralwasser.
Von Bedeutung ist diese Wechselwirkung für drei Medikamentengruppen: Schilddrüsenhormone, Mittel gegen Osteoporose und Antibiotika (Gyrasehemmer wie Ciprofloxacin oder Tetrazykline, beispielsweise Doxycyclin). Hier gilt es, ausreichend zeitlichen Abstand zwischen Mineralstoff und Medikament einzuhalten. Mit 3-4 Stunden ist man auf der sicheren Seite, manchmal reichen auch 30 Minuten. Ihre Apotheke berät Sie gerne.
Früchte, die es in sich haben
Schon ein Glas Grapefruitsaft oder eine Pampelmuse kann die Wirkung von Medikamenten beeinflussen. Auch Bitterorangen und Pomelo zeigen diesen Effekt. Ihre Inhaltsstoffe verlängern den Aufenthalt vieler Arzneistoffe im Körper. Dadurch steigt die Gefahr für Nebenwirkungen. Wer regelmäßig Grapefruit zu sich nimmt, darf die Dosis seiner Medikamente aber nicht einfach reduzieren: Der Gehalt der Inhaltstoffe schwankt von Pflanze zu Pflanze und Saft zu Saft stark. Gleichmäßige Wirkspiegel stellen sich daher nicht ein. Ratsam ist ein dauerhafter Verzicht auf Grapefruit, wenn man Medikamente einnimmt, die von dieser Wechselwirkung betroffen sind. Eine Liste mit 50 Beispiel-Arzneistoffen finden Sie hier: Diese 50 Arzneistoffe vertragen sich nicht mit Grapefruit | aponet.de
Orangen- und Apfelsaft beeinflussen die Wirkung von Medikamenten weniger. Ein kompletter Verzicht ist hier meist nicht nötig. Dennoch sollten Medikamente am besten mit einem Glas Wasser eingenommen werden. Bei Unsicherheiten können Sie in der Apotheke um Rat fragen.
Johanniskraut
Johanniskraut wird wegen seiner stimmungsaufhellenden Wirkung bei depressiven Verstimmungen eingesetzt. Medikamente mit dieser Heilpflanze sind freiverkäuflich, was aber nicht bedeutet, dass sie achtlos geschluckt werden dürfen. Einerseits kann die Kombination mit Antidepressiva zu einem Überschuss des Glückshormons Serotonin führen. Dieser macht allerdings nicht, wie zu vermuten wäre, überglücklich, sondern kann sogar lebensgefährlich sein. Anzeichen für das sogenannte Serotonin-Syndrom sind beispielsweise ein starker Anstieg der Körpertemperatur und des Blutdrucks.
Andererseits kann Johanniskraut dazu führen, dass zahlreiche Medikamente schlechter wirken. Unter anderem das Herzmedikament Digoxin, die Verhütungspille, Immunsuppressiva und Krebsmittel. Denn sogenanntes Hyperforin, ein Inhaltsstoff des Johanniskrauts, beschleunigt deren Abbau. Die nötigen Arzneistoffmengen im Körper werden nicht mehr erreicht.
Rauchen
Rauchen erhöht das Risiko für einen Gefäßverschluss, auch bekannt als Thrombose. Mit zunehmendem Alter und bei Einnahme der Antibabypille steigt die Gefahr weiter. Daher empfiehlt es sich insbesondere für Frauen über 35 Jahren, entweder eine nichthormonelle Verhütungsmethode zu verwenden oder mit dem Rauchen aufzuhören.
Tabakrauch enthält toxische Verbrennungsprodukte. Einige von ihnen fördern im Körper die Produktion eines Eiweißes, das am Abbau verschiedener Arzneistoffe beteiligt ist. Bis zu einem Maximaleffekt bei regelmäßig 10 Zigaretten pro Tag gilt: Je mehr Rauch man einatmet, desto mehr Eiweiß wird gebildet und desto schneller werden beispielsweise Antipsychotika wie Clozapin und Olanzapin abgebaut. Für die gleiche Wirkung, muss also mehr Arznei genommen werden. Auch Coffein wird von Rauchern schneller abgebaut. Darum machen Kaffee, Cola und Co. Raucher weniger wach.
Vorsicht gilt bei einem abrupten Rauchstopp. Nach einigen Tagen sinkt die Enzymproduktion wieder, der Abbau verlangsamt sich und im Körper sammelt sich mehr Arzneistoff an. Die Gefahr von Nebenwirkungen wächst. Deshalb sollte ein Entzug oder ein Umstieg auf Nikotinpflaster, -Kaugummi oder E-Zigarette mit dem Arzt abgeklärt werden.
Alkohol
Alkohol macht müde, gefährdet die Leber und erhöht beim chronischen Gebrauch die Blutungsneigung. Außerdem verstärkt er Arzneimittel, die auch diese Wirkungen haben. Dazu zählen sedierende Antidepressiva, Antiallergika, Antipsychotika und Schlafmittel. Gerade bei älteren Menschen, die solche Medikamente nehmen, erhöht Alkohol das Sturzrisiko zusätzlich. Schlimmstenfalls kann es zu einer Atemdepression kommen.
Paracetamol schlägt wie auch Alkohol auf die Leber. Alkoholiker entgiften die Abbauprodukte von Paracetamol langsamer, was die Leber noch mehr schädigt. Aber auch bei anderen Schmerzmitteln, auch gegen morgendlichen Kater, ist Vorsicht geboten. Die Kombination aus Alkohol und ASS, Diclofenac oder Ibuprofen steigert das Risiko für Blutungen und Magen-Darm-Geschwüre.