13.10.2016
Mit Brille sieht man gleich viel schlauer aus, heißt es oft. Was daran liegen könnte, dass gebildetere Menschen tatsächlich häufiger kurzsichtig sind als andere und daher eine Brille tragen müssen. Aber sind Brillenträger deshalb generell intelligenter als Brillenlose? Deutsche Forscher haben jetzt eine Antwort auf diese Frage gefunden.
Oberflächlich betrachtet besteht tatsächlich eine Zusammenhang zwischen Kurzsichtigkeit, fachsprachlich Myopie, und geistiger Leistungsfähigkeit und damit der Intelligenz. Das zeigte der sogenannte Turm von London (TOL)-Test. Dabei handelt es sich um einen 20-minütigen Test, der die Fähigkeit misst, logisch zu denken, zu planen und Probleme zu lösen. Hier erzielten die Kurzsichtigen der rund 4.000 Studienteilnehmer im Durchschnitt einen Wert von 14. Die Vergleichsgruppe ohne Myopie erreichte nur 12,9. Außerdem zeigte sich: Je stärker die Kurzsichtigkeit, desto höher das TOL-Ergebnis. So erzielten stark kurzsichtige Teilnehmer mit mehr als sechs Dioptrien einen Durchschnittswert von 14,6.
Dieser scheinbare Zusammenhang zwischen Kurzsichtigkeit und besserem Abschneiden im Planungstest löste sich jedoch auf, als die Forscher auch den Einfluss der Anzahl der Bildungsjahre berücksichtigten. Diese stand in einem direkteren und stärkeren Zusammenhang mit Kurzsichtigkeit als die geistige Leistungsfähigkeit. Mit anderen Worten: Das Bildungsniveau eines Menschen und nicht seine Intelligenz ist in erster Linie entscheidend für die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit. Von zwei gleichermaßen intelligenten Menschen wird also derjenige wahrscheinlicher kurzsichtig und stärker fehlsichtig, der länger zur Schule geht und der den höheren Schulabschluss hat.
„Durch die aktuelle Studie wird die Bedeutung der Bildung im Zusammenhang mit einer Myopie weiter verdeutlicht“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer, Direktor der Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz. „In weiteren Untersuchungen werden wir den Einfluss von Naharbeit am Bildschirm oder durch die Nutzung von Smartphones genauer untersuchen.“ Die aktuellen Ergebnisse sind in der Oktoberausgabe der Fachzeitschrift Investigative Ophthalmology & Visual Science nachzulesen.
HH