Gesundheit

Warum viele Grönländer ein 10-fach höheres Diabetesrisiko haben

ZOU  |  23.01.2025 08:16 Uhr

Ein großer Teil der grönländischen Inuit hat eine erbliche Veranlagung, die das Risiko für Typ-2-Diabetes verzehnfacht. Dänische Forschende haben herausgefunden, dass der Schlüssel zur Lösung dieses Problems in den Muskeln liegt. Verfügbare Medikamente werden kaum helfen und könnten sogar mehr schaden als nützen.

Inuit in einer Schneelandschaft auf einem Hundeschlitten.
Viele Inuit in Grönland haben eine erbliche Veranlagung, die das Risiko für Typ-2-Diabetes stark erhöht.
© Mikael Svensson/iStock Editorial

In den 1960er Jahren war Diabetes in Grönland praktisch unbekannt – heute ist die Erkrankung dort doppelt so häufig wie in Dänemark. Das liegt daran, dass vier Prozent der grönländischen Inuit aufgrund einer bestimmten Variante des Gens TBC1D4 ein erhöhtes Risiko haben. „Wenn sie Zucker konsumieren, haben sie Schwierigkeiten, ihn aus ihrem Blutkreislauf zu entfernen“, erklärte Prof. Jørgen Wojtaszewski von der Universität Kopenhagen.

In Untersuchungen, wie sich die Genvariante auf den Körper auswirkt, stellte sich heraus, dass diese Menschen eine insulinresistente Muskulatur haben, ihr Muskelgewebe also schlecht auf Insulin reagiert. Das ist ein Problem, weil Muskeln normalerweise den Großteil des Zuckers aufnehmen. Wojtaszewski sagte: „Insulinresistenz ist normalerweise nicht nur in den Muskeln, sondern auch in der Leber, im Fettgewebe und in anderen Organen und Zellen vorhanden. Aber bei den Trägern dieser Genvariante findet sich die Resistenz nur in den Muskeln, was einzigartig ist.“

Das bedeutet, dass die Träger der Variante nicht an Diabetes erkranken, solange ihre Bauchspeicheldrüse genügend Insulin freisetzt und die anderen Organe normal insulinempfindlich sind. 

Körperliche Aktivität erhöhte die Insulinempfindlichkeit der Muskeln – auch wenn der der Effekt nicht so ausgeprägt war wie bei Menschen ohne diese Genvariante. „Dies deutet stark darauf hin, dass Muskelbeanspruchung durch körperliche Aktivität das Risiko von Typ-2-Diabetes bei den Trägern der Genvariante senken kann“, sagte Wojtaszewski

Er erklärte weiter: „Die Herausforderung bei der Behandlung dieser Menschen mit herkömmlichen Diabetesmedikamenten besteht darin, dass diese Medikamente die Insulinempfindlichkeit in den Muskeln nicht erhöhen, sondern in erster Linie dazu dienen, die Zuckerproduktion der Leber zu reduzieren, so dass der Blutzuckerspiegel sinkt. Da Träger der Variante aber keinen erhöhten Blutzuckerspiegel haben, wenn sie nicht essen, besteht bei ihnen ein erhebliches Risiko für gefährliche Unterzuckerungen.“

Wojtaszewski hofft, dass es bald eine Lösung gibt: „Ein bestimmtes Enzym, das bei körperlicher Aktivität aktiviert wird, beeinflusst die TBC1D4-Aktivität positiv. Die Pharmaindustrie sucht bereits nach Wirkstoffen, die dieses Enzym aktivieren können, um die Insulinempfindlichkeit zu erhöhen. Wenn ein solches Medikament auf den Markt kommt, könnte es auch den meisten anderen Formen von Typ-2-Diabetes zugutekommen.“

Quelle: DOI 10.1038/s42255-024-01153-1

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