Ein plötzlicher Herztod ist fast immer die Folge einer Herzerkrankung und führt innerhalb weniger Minuten zu einem Kreislaufstillstand, der auch das Herz stillstehen lässt. Wer gefährdet ist und was Betroffene tun können, erklärt die Deutsche Herzstiftung.
Die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Herzkrankheiten einen plötzlichen Herztod auslösen, ist abhängig vom Alter und Geschlecht: Männer über 65 Jahre sind besonders häufig betroffen. Die Todesrate der über 79-jährigen Männer ist sogar doppelt so hoch wie die der Frauen in dieser Altersgruppe.„Die mit Abstand häufigste Ursache bei Patienten über 40 Jahren ist die koronare Herzkrankheit und ein dadurch bedingter Herzinfarkt, gefolgt von Herzschwäche, Kardiomyopathien und Myokarditis sowie Herzklappenerkrankungen“, erklärt der Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
Auch junge Herzen sind betroffen
Allerdings erleiden auch junge (sportliche) Menschen unter 40 Jahren, wenn auch viel seltener als Ältere, einen plötzlichen Herztod. Plötzlich und unerwartet kommt es bei ihnen meist ohne die bekannten vorherigen Warnzeichen zum Herzstillstand. Jüngstes prominentes Beispiel war der dänische Fußballprofi Christian Eriksen, der 2021 während der Fußball-EM einen Herz-Kreislauf-Stillstand dank sofortiger Wiederbelebung überlebte. Die häufigsten Ursachen bei Patienten vor dem 40. Geburtstag sind angeborene Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien), genetisch bedingte elektrische Herzerkrankungen (Ionenkanalerkrankungen), Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) und Drogenabhängigkeit.
Welche Warnzeichen gehen dem Sekundenherztod voraus?
Auch wenn der „Sekundenherztod“ plötzlich, nicht selten im Schlaf, eintritt, gehen mit ihm in vielen Fällen vorangehende Symptome einher. Ein Großteil der Überlebenden eines plötzlichen Herztods berichtet nach erfolgreicher Wiederbelebung von Herzrasen, Atemnot, Brustschmerz, Schwindelattacken und kurzer Bewusstlosigkeit oder Schwarzwerden vor den Augen.
1. Koronare Herzkrankheit (KHK)
Durchblutungsstörungen des Herzens durch die KHK, die Verkalkung der Herzkranzgefäße (Arteriosklerose), sind die Hauptursache des plötzlichen Herztods. Das Tückische daran ist, dass eine Verkalkung der Gefäße schleichend und ohne Symptome voranschreitet. Erst, wenn die Arterienverengung eine kritische Schwelle von 70 bis 80 Prozent erreicht hat, treten Symptome auf: Beispielsweise Brustschmerzen, Brustenge oder Luftnot bei körperlicher Anstrengung. „Hier sollte man unverzüglich eine Klinik aufsuchen“, betont Voigtländer. Kommt es zu den Symptomen bereits in Ruhe und dauern sie länger als fünf Minuten an, besteht Verdacht auf Herzinfarkt, der jeden Moment in Kammerflimmern übergehen und so einen Herzstillstand auslösen kann. Betroffene müssen bei Herzinfarkt-Verdacht sofort den Rettungsdienst über die 112 rufen.
Für die Behandlung der KHK stehen wirksame Medikamente gegen die Grund- und Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, hohes Cholesterin und Diabetes mellitus zur Verfügung. Zur Behandlung von Gefäßverengungen kommen neben Medikamenten häufiger die katheterbasierte Stent-Therapie (Stent=Gefäßstütze) zum dauerhaften Offenhalten der betroffenen Arterie und bei komplexeren und Mehrgefäßverengungen die Bypassoperation zum Einsatz. Therapiebegleitend sind Lebensstiländerungen durch regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, Rauchstopp und Gewichtskontrolle erforderlich.
2. Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
Die Herzschwäche ist besonders häufig Ursache des plötzlichen Herztods, da sie Endstadium zahlreicher anderer Herzkrankheiten ist. Bei Herzinsuffizienz ist das Herz nicht mehr in der Lage, genügend Blut zu pumpen, um den Körper ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Bei Herzinsuffizienzpatienten mit schwer eingeschränkter Pumpleistung der linken Herzkammer besteht die Gefahr für plötzlichen Herztod meist durch das Auftreten bösartiger schneller Rhythmusstörungen aus der Herzkammer. Daher wird bei ihnen die Implantation eines Kardioverter-Defibrillators (ICD), kurz „Defi“, empfohlen.
Zudem gibt es Medikamente, die die Pumpleistung des Herzens verbessern. Therapiebegleitend sind Maßnahmen für einen gesunden Lebensstil durch regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und Gewichtskontrolle unverzichtbar.
3. Herzmuskelentzündung (Myokarditis)
Junge und ältere Menschen können von ihr betroffen sein: Die Myokarditis und Perimyokarditis (Herzmuskel und Herzbeutel sind gleichzeitig entzündet), sind in fünf Prozent der Sterbefälle durch plötzlichen Herztod die Ursache. Man unterscheidet zwischen der viralen Myokarditis aufgrund einer Infektion Viren sowie einer autoimmunen Myokarditis, bei der Immunzellen den Herzmuskel nicht von außen, sondern fälschlicherweise von innen angreifen. Auch Bakterien und Pilze können eine Myokarditis verursachen. „Ein Problem sind die mehrdeutigen Beschwerden bei der viralen Myokarditis, weil Betroffene bei einer Virusinfektion Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Kurzatmigkeit auf den Infekt zurückführen, ohne an eine Beteiligung des Herzens zu denken“, berichtet Voigtländer.
Eine Studie hat gezeigt, dass fast alle jungen Sportler, die aufgrund einer Myokarditis gestorben waren, vorher eine Infektion der oberen Atemwege durchgemacht hatten. Herzspezialisten raten Sportlern deshalb, sich bei einem Infekt immer ausreichend zu schonen und das Training erst dann wieder aufzunehmen, wenn sie wieder vollständig gesund sind und sich fit fühlen. Wird eine Herzmuskelentzündung vermutet oder diagnostiziert, muss die erkrankte Person eine Sportpause von mindestens drei bis sechs Monaten einhalten, um das Risiko für schwere Herzrhythmusstörungen und einen Herz-Kreislauf-Stillstand zu minimieren.
4. Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien)
Kardiomyopathien bestehen bei etwa 15 Prozent der am plötzlichen Herztod Gestorbenen. Man unterscheidet zwischen krankhafter Erweiterung des Herzmuskels, krankhafter Verdickung oder Versteifung. Eine Herzmuskelverdickung kann auch durch Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Übergewicht verursacht werden, wo ungünstige Druckverhältnisse bzw. entzündliche Vorgänge Gefäßverengungen und Rhythmusstörungen mit negativen Folgen für den Herzmuskel bewirken können. Meist sind die Ursachen genetisch bedingt und daher vererbbar. Auch Faktoren wie langjähriger Bluthochdruck, Diabetes, übermäßiger Alkoholkonsum oder Entzündungen können die Herzmuskelzellen schädigen. „Aufgrund der erblichen Komponente sollte jeder mit einer Häufung von plötzlichen Herztodesfällen in der Familie, besonders im Alter unter 40 Jahren, hellhörig sein und dies rasch in einem spezialisierten Zentrum diagnostisch abklären lassen“, betont Prof. Voigtländer.
5. Herzklappenerkrankungen
Auch Patienten mit einer strukturellen Herzerkrankung wie Defekte der Herzklappen haben ein erhöhtes Risiko für vorzeitigen Herztod. Der Mitralklappenprolaps, der häufig vorkommt und überwiegend harmlos ist, kann in seltenen Fällen mit Herzrhythmusstörungen einhergehen, die lebensgefährlich werden können. Warum der plötzliche Herztod bei einem Mitralklappenprolaps auftritt, ist bisher nicht bekannt. Angenommen wird ein Zusammenspiel aus Gewebeveränderungen des Herzmuskels, einer vermehrten Neigung des Herzens zu Rhythmusstörungen sowie vorübergehend vorhandenen ungünstigen Faktoren.
6. Angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter
Über 90 Prozent der Patienten mit einem angeborenen Herzfehler erreichen heute dank der Behandlungsfortschritte das Erwachsenenalter. Heute leben ca. 330.000 Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH) in Deutschland. Bei EMAH ist der plötzliche Herztod zwar ein seltenes Ereignis (betroffen sind unter 0,1 Prozent aller EMAH pro Jahr), aber nach einer Herzschwäche ist er einer der häufigsten Todesursachen (ca. 25 Prozent aller Todesfälle). Herzrhythmusstörungen sind für ca. 80 Prozent aller Fälle eines plötzlichen Herztods bei EMAH verantwortlich. „Für die Prävention von Komplikationen wie plötzlicher Herztod oder Schlaganfall ist die kontinuierliche Nachsorge bei diesen Patientinnen und Patienten durch einen EMAH-Spezialisten oder -Spezialistin daher überlebenswichtig“, so Voigtländer.